Der Schein einer Villa

Die historische Villa Dahm in der Ex-Hauptstadt Bonn wird abgerissen. Ihr Bild strahlt zukünftig vom Nachfolgebau

Die Villa Dahm wird nach ihrem Abriss wieder auferstehen: Die Silhouette der Gründerzeit-Villa wird von der Glasfassade des Kongresszentrums strahlen, für das sie im Laufe der Woche abgerissen wird. Die Erweiterung des Internationalen Kongresszentrums Bundeshaus Bonn (IKBB) im ehemaligen Bonner Regierungsviertel ist längst beschlossene Sache.

Die Villa wurde 1876 vom Fabrikanten Jakob Dahm erbaut. Nach dem zweiten Weltkrieg residierte dort zunächst das Auswärtige Amt, Mitte der fünfziger Jahre zog die Deutsche Parlamentarische Gesellschaft (DPG) ein. Erst mit dem Umzug der Regierung nach Berlin Ende der 90er Jahre verlagerte auch die DPG ihren Sitz an die Spree.

Zunächst wollte die Bonner Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann (SPD) das Haus retten. „Die Stadt bemüht sich darum, die Villa Dahm zu erhalten.“ Zu ihren Vorschlägen zählte, die Villa abzutragen und an anderer Stelle wieder zu errichten. Fünf Millionen Euro hätte ihre Bewahrung laut Stadtkonservator Franz Josef Talbot gekostet. Inzwischen heißt es, ein „Erhalt des Gebäudes war nicht zu realisieren.“

Die Villa Dahm war nicht das einzige, aber das älteste Gebäude auf dem Gelände, dessen Abriss diskutiert wurde. Dort stehen ebenfalls die ehemaligen Abgeordnetenhäuser – Bauhausarchitektur der frühen 60er Jahren – und die Pressebaracke. Denkmalschützer entschieden: Die Appartments bleiben, Villa und Pressebaracke werden „niedergelegt“.

Der nun anstehende Ausbau des Kongresszentrums hat die Stadt teilweise in private Hände gelegt: Im Rahmen eines „Public-Private-Partnership“-Projekts soll das ehemalige Hauptstadt-Dorf Bonn attraktiver für internationale Kongresse werden und den Ansprüchen der zahlreichen UN-Außenposten gerecht werden, die bereits am Rhein stationiert sind. Die Plenarsäle Behnisch-Bau und Wasserwerk, in denen früher der Bundestag tagte, bieten künftig zu wenig Platz. SMI Hyundai investiert 140 Millionen Euro in den Bau, damit 3.500 Quadratmeter neue Konferenzraumfläche und ein „Mindestens-Vier-Sterne-Hotel“ entstehen können.

Einen Trost gibt es nach dem Abriss der Villa: Der wahrscheinlich einzige denkmalgeschützte Kiosk des Landes gegenüber des Bundeshauses, in dem jahrelang die legendäre Parlamentarier-Bockwurst aufgebrüht wurde und reißenden Absatz fand, wird zunächst nur versetzt.

STEPHAN GROßE