Die Bahnhofs-Mission

Mit finanziellem Druck will CDU-Landesverkehrsminister Oliver Wittke Bus und Bahn effizienter machen – und lässt Millionen Pendler im Regen stehen. Opposition: „Kurzsichtig und dumm“

VON ANDREAS WYPUTTA

Die Kritik an NRW-Verkehrsminister Oliver Wittke wächst. „Konzeptionslos, kurzsichtig und dumm“ sei die Politik des Christdemokraten, sagt der grüne Verkehrsexperte Oliver Keymis. Hilflos schaue der Verkehrsminister der Demontage des öffentlichen Personennahverkehrs im größten Bundesland zu, findet auch Wittkes Vorgänger, SPD-Fraktionsvize Axel Horstmann. „Wir brauchen einen leistungsfähigen Schienenverkehr“, so der verkehrspolitische Sprecher der Sozialdemokraten im Landtag.

Besonders in der Kritik der Opposition: Wittkes Reaktion auf die massiven Kürzungen des Bundes für Bus und Bahn. „Augenwischerei“ sei Wittkes Ankündigung, durch die Zusammenlegung der derzeit neun Verkehrsverbünde in NRW für mehr Effizienz sorgen zu wollen. „Das löst keines unserer Probleme“, so Horstmann zur taz. „Bei den Verkehrsverbünden existieren keine aufgeblähten Verwaltungen“, betont auch Keymis: So organisiere und koordiniere etwa der Aachener Verkehrsverbund (AVV) mit elf Angestellten den gesamten Nahverkehr in der Region,darunter auch grenzüberschreitende Verbindungen.

Gewinner einer Zusammenlegung wären die beiden großen Verkehrsverbände im Land, der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) und der Verkehrsverbund Rhein-Sieg (VRS): Sie könnten nach Plänen der CDU-Landtagsfraktion etwa den AVV schlucken und dann ein überregionales Netz von landesweiter Bedeutung betreiben. Finanziert werden soll dieses Netz dann „vollständig vom Land“, so Heinz Sahnen, verkehrspolitischer Sprecher der CDU. Verlierer wäre der ländliche Raum: Schon heute existieren Überlegungen, etwa die Region Bocholt komplett vom Schienennetz abzukoppeln – über 100.000 Menschen wären nur noch mit dem Auto oder über langsame Busverbindungen mobil. „Das ist doch völlig grotesk“, ärgert sich Keymis.

Die Verkehrsverbünde drängen unterdessen auf Planungssicherheit. „Die Finanzen müssen klar sein“, sagt VRR-Sprecher Hans Oehl. Bis heute wissen die Verkehrsverbünde nicht, wie viel Geld sie 2007 zur Verfügung haben werden. Klar ist nur, dass Minister Wittke bis 2010 insgesamt 425 Millionen Euro an Bundesmitteln verteilen kann. „Es gibt in unserem Haus keine konkreten Zahlen“, räumt sein Sprecher Stephan Heuschen ein. „Nach den Sommerferien“ sollen deshalb Gespräche geführt werden, bei denen der Minister auf eine Zusammenlegung drängen will. Wittke, der gegenüber den von den kommunalen Verkehrsunternehmen getragenen Verkehrsverbünden nicht weisungsbefugt ist, setzt auf finanziellen Druck: „Irgendwann wollen die doch auch ihre Fahrpläne drucken“, sagt sein Sprecher Heuschen.

Damit aber lasse der Minister Millionen Pendler im Regen stehen, kontert der Grüne Keymis. „Wittke hat das Ende der Schienenvorrangpolitik angekündigt – und beerdigt jetzt den ÖPNV.“