DER WEIBLICHE BLICK
: Endlich!

Es wird Zeit. Es war lange schon Zeit. Nicht nur, dass uns die ästhetische Zumutung Günter Netzer erspart bleibt. Nicht nur, dass wir von seiner Blut-und-Boden-Metaphorik verschont werden, von diesen letztverbliebenen Beschwörungen der lang schon zu Grabe getragenen deutschen Tugenden. Zeit vor allem, dass im gebührenfinanzierten deutschen Fernsehen endlich mal fachlich kompetent über Fußball gesprochen wird.

Denn das war immer das Schlimmste: Nicht Netzers Seitenscheitel. Nicht seine im Rhetorikseminar gelernten Drechselsätze, die im sinnfreien Nichts endeten. Nicht sein hingebrummeltes „Alles schlecht, alle schlecht“. Nein, schlimm war vor allem, dass es ihm gelang, seine Kommentare vollkommen frei zu halten von jedem modernen Fußballsachverstand. Bei Netzer war der Fußball stehen geblieben zu einer Zeit, als noch Hacki Wimmer hinter ihm aufräumen musste, während er mit sanft wehendem Blondhaar gemütlich das Mittelfeld durchschritt. Mit immer noch derselben Frisur trat Netzer vor elf Jahren aus einer Zeitschleife und schloss aus dem Gewinn des Grimme-Preises, dass es ihm erlaubt sei, uns zu quälen. Wird Zeit, dass er wieder im schwarzen Loch verschwindet – auf immer. THOMAS WINKLER