Zum Tode verurteilte Iranerin wird nicht gesteinigt

IRAN Internationale Kampagne fruchtet. Aber gerettet ist Sakineh Ashtiani, 43, noch nicht

Bei „Moralvergehen“ können die Richter ohne Beweise nach Gefühl entscheiden

BERLIN taz | Die zum Tode verurteilte Iranerin Sakineh Ashtiani wird nicht gesteinigt. Das berichtet der britische Nachrichtenkanal Channel 4 News unter Berufung auf die iranische Botschaft in London. Die 43-jährige Iranerin war 2007 wegen eines angeblichen sexuellen Verhältnisses zu zwei Männern zum Tod durch Steinigung verurteilt worden. Wegen des gleichen „Deliktes“ hatte sie bereits 2006 vor den Augen ihres Sohnes 99 Peitschenhiebe erhalten. Seit Monaten hatten die britische Regierung, mehrere internationale Menschenrechtsorganisationen und Hollywood-Berühmtheiten wie Robert Redford gegen die Steinigung der Frau protestiert.

In einer Erklärung der iranischen Botschaft in London heißt es, man weise das britische Außenministerium darauf hin, dass Ashtiani „laut Informationen der zuständigen Justiz im Iran nicht durch Steinigung hingerichtet wird“. Menschenrechtsorganisationen deuten diesen Wortlaut dahingehend, dass das Leben Ashtianis weiterhin in Gefahr ist. Sie war 2006 verhaftet worden, hatte das nach Scharia-Gesetz verbotene Verhältnis zunächst unter Druck eingestanden, das Geständnis später aber widerrufen.

Ihre Verurteilung zum Tode war 2007 durch ein Mehrheitsurteil ohne Beweise zustande gekommen – drei der fünf Richter hatten von ihrem Vorrecht Gebrauch gemacht, bei Moralverbrechen auch ohne eindeutige Beweislage aus ihrem eigenen subjektiven Gefühl heraus über Schuld und Unschuld zu entscheiden.

Ein Amnesty-Sprecher sagte in London, dass die Steinigung im Iran zwar in den derzeit gültigen Gesetzen vorgesehen ist, im Vergleich zu anderen Hinrichtungsarten aber äußerst selten zur Anwendung komme. In den vergangenen drei Jahren seien, soweit bekannt, sechs Menschen im Iran gesteinigt worden – allein in der ersten Hälfte dieses Jahres seien aber bereits 126 Menschen hingerichtet worden.

Derzeit erwartet in Irans Todeszellen nach Amnesty-Angaben noch acht Frauen und drei Männer die Steinigung. Allerdings weist die iranische Botschaft in ihrer Stellungnahme darauf hin, dass im derzeit vor dem Parlament verhandelten neuen Strafgesetzbuch die international massiv kritisierte Steinigung als Hinrichtungsmethode nicht mehr auftauche. BERND PICKERT