Panzertier ist zurück

Die Europäische Sumpfschildkröte ist in Deutschland so gut wie ausgerottet. Nun siedeln Naturschützer sie neu an

BERLIN taz ■ Kaum einer weiß, dass in Deutschland eine Schildkrötenart zu Hause ist: die Europäische Sumpfschildkröte (Emys orbicularis). Sie ist etwa so groß wie eine Hand und kann bis zu 100 Jahre alt werden. Was allerdings nur noch selten vorkommt: Es gibt in Deutschland freilebend nur noch etwa 400 Exemplare – vorwiegend in den gewässerreichen Regionen Brandenburgs und in Mecklenburg-Vorpommern. Seit rund 200 Millionen lebt die Emys orbicularis in Europa. Und obwohl sie damit zu den ältesten Bewohner des Abendlandes gehört, ist sie aktuell akut vom Aussterben bedroht.

Um das zu ändern, haben der Naturschutzbund Brandenburg und der aus Hessen Mitte der 90er ein Artenschutzprogramm ins Leben gerufen. Auch in Hessen hatte die Sumpfschildkröte ausgeprägte Siedlungsräume, die vielerorts allerdings der menschlichen Landschaftszersiedlung zum Opfer fielen. Jetzt soll dass urige Panzertier hier wieder heimisch werden: Insgesamt 500 Tiere sollen an zwölf Standorten wieder ausgesetzt werden. „Wir haben die Plätze sehr gut auswählt“, sagt Projektkoordinator Matthias Kuprian. Die meisten liegen in Naturschutzgebieten und werden regelmäßig von Betreuern kontrolliert. Zum Teil mussten die Umweltschützer auch neue Gewässer anlegen oder sandige Eiablageplätze schaffen.

Im Mittelalter wurde die Sumpfschildkröte nahezu weggefuttert, denn sie war eine beliebte Speise während der Fastenzeit. Später machten der Sumpfschildkröte die Eingriffe in die Flusslandschaften zu schaffen; begradigte Flüsse ließen die sandigen Gleithänge verschwinden, die geeignete Plätze für die Eiablage sind. Und natürlich der Verkehr – viele Schildkröten werden bei ihrer Wanderung überfahren. Nicht zuletzt fristen etliche Tiere ein trauriges Dasein im Terrarium – die Finder glauben nicht selten, ausgesetzte Haustiere zu retten. Zudem verdrängen ausgesetzte Exoten wie die nordamerikanische Rotwangenschildkröte die Emys.

Die ausgesetzten Tiere werden im Zoo Frankfurt und von ausgewählten Stationen gezüchtet. Die Schildkröten müssen drei bis vier Jahre alt sein, um in Freiheit überleben zu können. Kuprian: „Dann ist der handtellergroße Panzer hart genug, um nicht von jedem Feind geknackt zu werden.“ GESA SCHÖLGENS

Sumpfschildkrötenpatenschaft: www.hessen.nabu.de