Gasag-Konkurrenz tankt Kraft

Die Gasag verliert ihr Monopol. Gleich zwei Erdgas-Anbieter wollen dem Platzhirschen mit günstigeren Tarifen einheizen. Es gilt die alte Regel: Drum prüfe, wer sich anders bindet

VON ULRICH SCHULTE

Positiv denken ist alles. Das weiß die Gasag. Der Energieversorger muss sich von seiner Berliner Alleinherrschaft verabschieden, dem Traum jedes Unternehmers. Dennoch müht man sich, Optimismus zu verbreiten. „Endlich sind wir das Image des Monopolisten los“, sagt Gasag-Sprecher Klaus Haschker. Tatsächlich treten dieser Tage gleich zwei Konkurrenten gegen den Energieversorger an, der rund 700.000 BerlinerInnen mit Erdgas beliefert: Nuon Deutschland und die FlexGas GmbH. Beide versprechen günstigere Tarife, arbeiten jedoch mit unterschiedlichen Modellen. Ob ein Wechsel angebracht ist (siehe Kasten), hängt stark vom Verbrauch ab.

Nuon liefert eigenes Erdgas und will es über das Gasag-Netz an Privathaushalte verteilen. Dafür will der Platzhirsch Gebühren, die derzeit ausgehandelt werden. Der Wechsel sei jedoch ab sofort möglich, kündigte Nuon-Geschäftsführer Thomas Mecke gestern an – ab dem 1. Oktober zischt es dann niederländisch aus dem Gasherd. „Wir sind definitiv günstiger als das derzeitige Angebot“, lockt Mecke.

Auch die FlexGas will die Gasag um 5 Prozent unterbieten. Das Unternehmen plant, dem Ex-Landesunternehmen große Mengen Gas mit Rabatt abzukaufen und diesen zum Teil an Kunden weiterzugeben. „In Berlin werden wir dies bis Jahresende anbieten“, sagt Sprecher Dirk Hempel. Welche Vorteile ein Haushalt im Detail hätte, hat FlexGas noch nicht kalkuliert.

Es gilt also das alte Verbraucherschützer-Mantra der Strommarktliberalisierung: Drum prüfe, wer sich anders bindet. Jahresabrechnung studieren und fleißig rechnen ist auch beim Erdgas Pflicht. Gasag-Sprecher Haschker glaubt jedenfalls nicht an einen Preiskrieg: „Bei uns gibt es kaum Spielraum nach unten.“ Und „Kampfpreise“ biete die Konkurrenz ja nicht, lästert er.

Damit hat er Recht. Nuon setzt wie schon bei der Stromwerbekampagne auf seltsame Niederlandismen („dolle Gas“) – und vor allem auf Einmalgeschenke: Wer bis Ende Juli wechselt, bekommt einen 50-Euro-Bonus, der gutgeschrieben wird. Besonders stolz ist Mecke auf eine zwölfmonatige Preisgarantie. „Damit schützen wir unsere Kunden ein ganzes Jahr vor unkalkulierbaren Erhöhungen.“

Jenseits solcher Sonderaktionen unterscheiden sich die Nuon-Angebote nur geringfügig von denen der Gasag. Ein Beispiel, das für eine Drei-Zimmer-Altbauwohnung realistisch ist: Bei der monatlichen Grundgebühr unterbietet Nuon den Gasag-Standardtarif Vario 2 um gerade mal 18 Cent. Wenn der Kunde 1.000 Kilowattstunden Gas verbraucht, kämen weitere 68 Cent Ersparnis hinzu. Das „betaalbar Gas“ von Nuon ist also nicht mal einen Euro günstiger. Bei anderen Tarifen und Verbrauchswerten seien Gasag-Angebote günstiger, betont Sprecher Haschker.

Nuon-Chef Mecke will in Berlin Ausdauer beweisen: „Wir haben uns darauf vorbereitet, ein dickes Brett zu bohren.“

Ein anderes Nuon-Engagement in Berlin fand dagegen ein schnelles Ende: Um Hollands Fußballer sichtbar zu unterstützen, strahlte der Konzern nachts die niederländische Botschaft orange an. Allerdings nur wenige Wochen – bis zu deren frühen Ausscheiden im Achtelfinale.