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freier gasmarktVertreibung aus dem Paradies

Die Gasag-Manager müssen sich gerade fühlen, als würden sie aus dem Paradies vertrieben. Nicht nur, dass der Konzern, der Großaktionären wie Vattenfall Europe gehört, bisher über ein Monopol verfügte. Hinzu kam eine Abnahmegarantie. Denn die Kunden sind auf sein Produkt Erdgas angewiesen, im Winter kommt niemand ums Heizen herum. Die Nachricht, dass in Berlin zwei Energieversorger mit der Gasag konkurrieren wollen, beendet diesen unerträglichen Zustand.

KOMMENTAR VON ULRICH SCHULTE

Natürlich heizt die Konkurrenz den Kampf um Kunden an. Der Service wird verbessert, die Aktionäre werden kleinere Gewinnmargen einstecken, die Angebote werden fantasievoller. Doch auf der Rechnung der Kunden wird sich die Liberalisierung des Marktes kaum bemerkbar machen. Das zeigt schon das erste Angebot von Nuon: Hinter den lockenden Sonderprämien verbergen sich Tarife, die sich kaum von denen der Gasag unterscheiden. Und das wird so bleiben.

Ein Grund dafür liegt im Erdboden begraben. Alle Betreiber, ob Nuon oder FlexGas, müssen das Gasag-Netz nutzen. Zwar musste der lokale Gasriese eine Tochterfirma gründen, die offiziell allen gleiche Gebühren abverlangt. Doch diese wird alle kalkulatorischen Tricks nutzen, um ihrem Mutterkonzern Gewinne zu sichern – und die anderen ordentlich blechen zu lassen. Selbst wenn Nuon-Bosse von „aussichtsreichen Verhandlungen“ sprechen: Die juristischen Gefechte beginnen erst.

Entscheidend ist aber, dass das Geschäft mit Energie nicht in Berlin spielt, sondern auf dem Weltmarkt. Wer mit Erdgas handelt, bezahlt das meiste Geld für die Beschaffung – Netz, Verwaltung und Werbung sind kleine Posten. Der Gaspreis ist an den Ölpreis gekoppelt. Wird Öl teurer, steigen kurz darauf auch die Gaspreise. Dem Verbraucher bleibt die bittere Erkenntnis: Die Zeiten billiger fossiler Energien sind endgültig vorbei.

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