KUNST

schaut sich in den Galerien von Berlin um

MEIKE JANSEN

Und bist du nicht aus dieser Welt, dann biste wohl aus Bielefeld, heißt es immer wieder, wenn ich auf meine Sozialisierung angesprochen werde. Was selbstverständlich totaler Quatsch ist. Denn einer der wenigen Menschen, der tatsächlich Erfahrung mit dem Anderen, dem Größeren und Bunterem, dem Gerechten und Korrektem hat ist Bjørn Melhus. Davon weiß er auch in seinem neusten Video „Liberty Park“ in der Galerie Patrick Ebensperger zu berichten. Denn dort, wo man sich angeblich so frei fühlen kann, es nichts Böses zu geben scheint, schlägt bei Melhus die künstliche Welt mit voller Wucht zurück. Handelt es sich bei den paradiesischen Orten doch um nichts anderes als um die Gated Communities einer konservativen Mittelschicht. Religionen fließen in diese Herrlichkeit ein, Politik und Wirtschaft geben dem multimedialen Irrgarten den letzten Schliff. (bis 15. 2., Di–Fr 12–18.30, Sa 12–16 Uhr, Plantagenstr. 10)

Nicht minder absurd sind die Szenen, die Stefan Panhans ab Sonntag in seiner Soloshow im Haus am Waldsee zeigen wird. Kein Wunder also, dass ausgerechnet Melhus auf „too much change is not enough“ neugierig ist und macht. Ohne Schnitt, Schwenk und Zoom filmt Panhans seine ProtagonistInnen meist mit einer Standkamera in beengten, bühnenartig inszenierten Situationen. Hier sind sie ganz bei sich und bringen eine gewisse Besessenheit durch Sprache oder Selbstoptimierungs-Körpertraining zum Vorschein. Dies gerät wie etwa in „Sorry“ (2010) zu einer Art bewegten Sittengemälde, das an ein malerisches Stillleben erinnert. Denn passieren tut eigentlich nichts, außer dass menschliche Klischees und Abziehbilder Prominenter sich versuchen auf engsten Raum aus dem Weg zu gehen, wieder und immer wieder zu einem wunderbar monotonen Westerngitarrenspiel. Nur einmal in den knapp 10 Minuten kommt es dazu, dass sich jemand entschuldigen muss. (Eröffnung: So, 19. 1., 15 Uhr, Di–So, 11–18 Uhr, Argentinische Allee 30)

Freitagnacht wird es dagegen recht bodenständig, aber eigentlich auch wieder ziemlich bekloppt werden, wenn ab 24 Uhr das Seminar „Militante Untersuchungen“ des Studiengangs Raumstrategien der Kunsthochschule Berlin Weißensee im Rahmen von Videoart at Midnight stattfindet. Uni des Nachts? Das ist Aktivismus! Und so nähert man sich am dafür gar nicht so ungewohnten Ort der Untersuchungsmethode, die im Kontext wilder Streiks und der „Autonomia Operaia“ in Norditalien in den 1960er Jahre entstand und noch heute auf die Involvierung des Autors in eine kollektive politische Praxis abzielt. (Fr., 17. 1., 24 Uhr, Rosa-Luxemburg-Platz)