Nordkorea testet sieben Raketen

Das Vorgehen der Regierung in Pjöngjang erhöht die Spannungen in der Region. Japan verhängt eine Blockade gegen nordkoreanische Schiffe und versetzt seine Armee in erhöhte Alarmbereitschaft. Nun sind auch Sanktionen im Gespräch

AUS TOKIO MARCO KAUFFMANN

Nach den nordkoreanischen Raketentests vom Mittwoch hat die japanische Regierung die einzige Verbindung zum Nachbarstaat unterbrochen. Für die nächsten sechs Monate dürfen nordkoreanischen Fähren nicht mehr in japanischen Häfen anlegen. Dies könnte ein erster Schritt zu umfassenderen Wirtschaftssanktionen sein.

Kabinettssekretär Shinzo Abe bezeichnete die Tests als „schwerwiegendes Problem für den Frieden und die Stabilität, nicht nur für Japan, sondern die ganze internationale Gemeinschaft“. Nordkorea habe sich über sämtliche Warnungen hinweggesetzt und müsse mit „entsprechenden Folgen“ rechnen. Abe, ein Hardliner im Kabinett von Ministerpräsident Junichiro Koizumi, hat gute Aussichten, im September neuer Regierungschef zu werden. Auf Ersuchen Japans trat der UN-Sicherheitsrat gestern zur einer Dringlichkeitssitzung zusammen. Die japanische Armee wurde in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt.

Ungeachtet der scharfen internationalen Kritik an seiner Testserie am Mittwochmorgen feuerte Nordkorea gestern Abend erneut eine Rakete ab. Das teilte das japanische Verteidigungsministerium mit.

US-Spionagesatelliten registrierten in der Nacht auf Mittwoch zunächst zwei Mittelstreckenraketen des Typs Nodong. Zwei Stunden später feuerte Nordkorea eine Taepodong-2-Langstreckenrakete ab und weitere Geschosse verschiedener Reichweiten. US-Militärkreise bezeichneten den Test der Taepodong 2 als Fehlschlag. Die Rakete mit einer Reichweite von bis zu 6.000 Kilometern sei von Beginn weg unruhig geflogen. Nach 42 Sekunden stürzte sie ins Meer, einige hundert Kilometer von Japan entfernt. Dies trägt allerdings wenig zur Beruhigung Japans bei: Tokio liegt im Radius von Mittelstreckenraketen.

Japanische Politiker zeigten sich gestern entrüstet, dass sich Pjöngjang über ein Test-Moratorium hinweggesetzt habe. Es war Teil eines Abkommens, das Koizumi 2002 in Nordkorea unterzeichnet hatte. Die kommunistische Regierung erklärte allerdings in den vergangenen Wochen, sie fühle sich nicht mehr daran gebunden. Nordkorea verfügt nach Einschätzung von Sicherheitsexperten Spaltmaterial für mindestens sechs Atombomben. Allerdings wird daran gezweifelt, ob das Militärregime in der Lage ist, eine Trägerrakete damit zu bestücken.

Deutliche Worte kamen gestern auch aus Südkorea. Nordkoreas Raketen stellten eine ernsthafte Bedrohung für die internationale Staatengemeinschaft dar, sagte Außenminister Ban Ki-moon. Die Regierung in Seoul lehnte bislang Sanktionen ab. Doch in den letzten Wochen schien ihr die Geduld auszugehen. Im Falle eines Raketentests müsse der Norden mit einem Ende der Lebensmittellieferungen rechnen, hieß es. Südkoreas Kabinett hielt gestern Morgen eine Dringlichkeitssitzung ab. Präsidentenberater Suh Choo-suk machte Nordkorea für das nun unvermeidliche Wettrüsten in der Region verantwortlich.

Die Regierung rief das Nachbarland auf, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Die Sechs-Parteien-Gespräche zwischen Nordkorea, Südkorea, Japan, China, Russland und den USA über Pjöngjangs Atomprogramm liegen derzeit auf Eis. Der US-Gesandte für die Sechser-Gespräche, Christopher Hill, reiste gestern nach Asien, um über das weitere Vorgehen zu beraten. Nach Informationen der New York Times will Hill versuchen, Südkorea und China auf Sanktionen festzulegen.

Aus Nordkorea kam zunächst keine Stellungnahme. Der stellvertretende UNO-Botschafter in New York, Han Song-ryol sagte gegenüber der Nachrichtenagentur AP: „Wir Diplomaten wissen nicht, was das Militär macht.“