Wer hat das längste Rohr?

ENERGIE Gazprom plant South Stream, RWE plant Nabucco. Von einer der beiden ehrgeizigen Erdgaspipelines hängt die Zukunft Europas ab. Es kann nur eine geben. Welche ist besser?

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Wie lang ist das Rohr? Rund 3.300 Kilometer, zusammengesetzt aus etwa 200.000 Einzelrohren. Wer nicht größer als 1,41 Meter ist, kann aufrecht durchspazieren.

Was fließt durch das Rohr? Leckeres Erdgas. Wer repräsentiert das Rohr? Ex-Außenminister Joschka Fischer ist der Rohrberater des federführenden deutschen Energiekonzerns RWE. An Nabucco gefällt Fischer die durch die Pipeline erzeugte „Vielfalt“ auf dem Energiesektor, Kritikern schreibt er ins Stammbuch: „Ich bin ein freier Mann.“ Der letzte deutsche Politiker, der sich ähnlich brennend für Öl und Gas aus dem kaspischen Raum interessierte, war übrigens … na ja, lassen wir das.

Wem dient das Rohr? In erster Linie der Türkei, die schon jetzt 15 Prozent des durchfließenden Gases für eigene Zwecke fordert. In zweiter Linie auch ein wenig Giuseppe Verdi, nach dessen Oper die Pipeline benannt ist.

Was kostet das Rohr? 7,9 Milliarden Euro, die zu einem Drittel vom Betreiberkonsortium bezahlt werden. Der Rest soll durch Kredite finanziert werden und gehört dann den Banken.

Was steckt hinter dem Rohr? Hinter dem Rohr steckt das geradezu rührende Sicherheitsbedürfnis der Europäischen Union. Die will künftig weniger von russischem Gas abhängig sein, das derzeit rund 25 Prozent des europäischen Gasbedarfs ausmacht, und sich lieber den Launen Ankaras aussetzen als den Launen des Kreml.

Woher kommt das Rohr? Aus Anatolien. Dort wartet es auf Anschlussrohre aus Aserbaidschan, das allerdings bereits Verträge mit Gazprom unterschrieben hat, Irak und – wer weiß? – vielleicht auch mal aus dem Iran.

Wohin führt das Rohr? Ins niederösterreichische Kuhkaff Baumgarten mit seinen 959 Einwohnern. Baumgarten gilt schon lange als Gasdrehkreuz, weshalb es dort auch schon ein Gazprom-Büro gibt, wie in der Fabel von Hase und Igel ... FRA

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Wie lang ist das Rohr? Über 900 Kilometer wird es in 2.000 Metern Tiefe durch das Schwarze Meer führen – vom russischen Beregowaja bis ins bulgarische Warna. In Gesellschaft aufregender Tiefseefische und schwefeliger Riesenröhrenwürmer. Wie lang die Landstrecke sein wird, ist noch nicht ganz klar. Eins ist klar: sehr lang.

Was fließt durch das Rohr? Erst mal nichts. Aber ab 2013 wird russisches und zentralasiatisches Erdgas durchströmen. Nach Angaben von South Stream um die 63 Billionen Kubikmeter im Jahr. Wer repräsentiert das Rohr? Ex-Bundesalphatier Gerhard Schröder ist Rohraufseher beim federführenden russischen Energiekonzern Gazprom, der die Pipeline mit einer winzigen Beteiligung des italienischen Energieversorgers Eni plant. „Wer da meint, er müsse das kritisieren, der kann mich mal“, sagt er dazu dem Zeit-Magazin. Die lupenreinen russischen Demokraten Putin und Medwedjew haben als Gazprom-Rohrbeauftragte natürlich ebenfalls die Rohre, nein, Hände im Spiel.

Wem dient das Rohr? Russland. Vor allem Russland. Ein bisschen auch den Transitländern. Also: Bulgarien, Griechenland, Italien – sowie Rumänien, Ungarn, Tschechien und Österreich. Und Russland.

Was kostet das Rohr? 19 bis 24 Milliarden Euro. Heißt es.

Was steckt hinter dem Rohr? Offiziell soll es den Gasmarkt „diversifizieren“ und den wachsenden Bedarf Europas decken. Und da es Russland gewaltig stinkt, derzeit von den Transitstaaten Ukraine und Weißrussland abhängig zu sein – ein großer, unschuldiger Freiheitsdrang.

Woher kommt das Rohr?

Aus Russland. Woher sonst?

Wohin führt das Rohr? South Stream ist kein herkömmliches Rohr mit einem schnöden Einzelziel. Es ist ein multitaskingfähiges Rohr mit gleich zwei Enden. Eins soll ins österreichische Arnoldstein führen, das andere ins italienische Brindisi. KIR