Nordkorea droht mit weiteren Raketen

Die USA und Japan wollen das Regime von Kim Jong Il für seine Raketentests mit Sanktionen bestrafen. China, Russland und Südkorea lehnen Strafmaßnahmen weiterhin ab. Pjöngjang droht bei UNO-Sanktionen mit „radikalen Gegenmaßnahmen“

AUS TOKIO MARCO KAUFFMANN

Nordkoreas Führung hat gestern seine international verurteilten Raketentests vom Vortag als „Teil regulärer Militärübungen zur Stärkung der Selbstverteidigung“ verteidigt. In einer Erklärung der amtlichen Nachrichtenagentur KCNA hieß es, die Testserie werde weitergeführt. Berichten aus Südkorea zufolge sind mindestens drei Mittelstreckenraketen abschussbereit.

Die USA versuchten bisher vergeblich, die Region auf einen gemeinsamen Kurs gegenüber Nordkorea festzulegen. Doch einzig Japan spricht sich wie die USA unmissverständlich für Strafmaßnahmen aus. Japan brachte am Mittwoch im UNO-Sicherheitsrat einen Resolutionsentwurf in Umlauf, der Wirtschaftssanktionen gegen Nordkorea fordert. Südkorea, Russland und China drängen auf eine deutlich schwächere Resolution. Peking will seinen Gesandten Wu Dawei nach Pjöngjang schicken. Das dortige Regime droht bei UNO-Sanktionen mit „radikalen Gegenmaßnahmen“.

Unabhängig vom Ausgang der Beratungen im Sicherheitsrat, die gestern fortgesetzt werden sollten, verfügen die USA über einen umfassenden Sanktionsmechanismus. Nach einer Anordnung von Präsident Georg W. Bush vom Juni 2005 geht das Finanzministerium verstärkt gegen Firmen vor, die Nordkorea beim Aufbau seiner Waffenprogramme angeblich unterstützt haben. Größte Wirkung entfaltete eine Untersuchung gegen die Banco Delta Asia aus der chinesischen Sonderzone und portugiesischen Exkolonie Macao. Der Vorwurf: Die Bank habe von Nordkorea gefälschte Dollar-Noten in Umlauf gesetzt und Gelder aus illegalen nordkoreanischen Geschäften gewaschen. Inzwischen brach die Bank ihre Nordkorea-Kontakte ab.

Dieses Vorgehen der USA löste einen Dominoeffekt aus. Selbst chinesischen Banken ist es jetzt zu heiß, mit Nordkorea Geschäfte zu machen. Keine Bank möchte wegen ein paar Nordkorea-Konten ihren Ruf oder Zugang zum US-Finanzmarkt gefährden. Nordkoreas Diktator Kim Jong Il bestätigte indirekt die Effektivität der Maßnahmen, indem er verkünden ließ, ohne Aufhebung dieser Sanktionen werde Nordkorea nicht zu den Sechsergesprächen über sein Atomprogramm zurückkehren.

Bereits am Mittwoch stoppte Japan den Fährverkehr mit Nordkorea. Die Schiffe werden vor allem von der nordkoreanischen Diaspora in Japan benützt. Diese einzige Verbindung versorgt Verwandte im wirtschaftlich ruinierten Nordkorea mit Bargeld und Konsumgütern. Aus China und Südkorea konnte Nordkorea bisher auf Dünger, Brennstoff und Lebensmittel zählen. Erst wenn diese beiden Länder die Lieferungen stoppen, dürfte Pjöngjangs Regime in Gefahr geraten. Doch da ein drohender Flüchtlingsstrom für die Nachbarn ein Albtraum ist, schrecken sie vor Sanktionen zurück.

Nordkorea hatte am Mittwoch sieben Raketen getestet, darunter ein Langstreckengeschoss, das theoretisch US-Territorium erreichen kann. Letzteres stürzte allerdings nach 42 Sekunden ab.