Für seinen Mut bestraft

„Mein Leben ist in Gefahr. Die Polizei kann mich umbringen“

FAHEM BOUKADOUS, JOURNALIST

Fahem Boukadous glaubt an seinen Beruf. Der 38-jährige Fernsehreporter aus Tunesien ist immer da, wo die Nachricht ist. „Unbekannte Facetten“ des nordafrikanischen Landes will der unabhängige Satellitensender El Hiwar Et Tounsi vermitteln. Boukadous sucht sie. Das Gericht in Gafsa, 350 Kilometer südwestlich der Hauptstadt Tunis, hat den Reporter dafür am 6. Juli in letzter Instanz zu vier Jahren Haft verurteilt. Es handelt sich um das bislang härteste Urteil gegen einen Journalisten in Tunesien.

Der Grund: Boukadous war der erste und lange Zeit auch der einzige Journalist, der 2008 die Streiks und Unruhen in der Minenregion rund um die Stadt Gafsa begleitete. Boukadous Videos wurden nicht nur von El Hiwar Et Tounsi aus Italien via Satellit nach Tunesien übertragen, sie dienten auch den arabischen Fernsehsendern, um auf die Lage in den Phosphatminen aufmerksam zu machen.

Mit der journalistischen Arbeit machte sich Boukadous, so das Urteil, „der Gründung einer kriminellen Vereinigung, die Anschläge auf Personen und Gegenstände zum Ziel hat“, schuldig. Boukadous sei integraler Bestandteil der sozialen Bewegung in Gafsa. Deshalb ereilte ihn das gleiche Schicksal wie 33 Gewerkschaftern, die aus denselben Gründen zu Haftstrafen zwischen zwei und zehn Jahren verurteilt wurden.

Noch ist Boukadous auf freiem Fuß. Während der ersten Instanzen tauchte er ab, bis ihn ein schwerer Asthmaanfall ins Krankenhaus zwang. Am Verhandlungstag versuchte ihn die Polizei vom Krankenbett weg zu verhaften. Der Chefarzt bewies Zivilcourage und verhinderte dies. „Die Polizei kann jederzeit wiederkommen, mich aus dem Bett zerren und in eines ihrer Gefängnisse stecken“, warnt Boukadous. „Mein Leben ist in Gefahr. Sie können mich umbringen.“

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