Katzbuckelei

Kölns Verzicht auf Hochhäuser, um den Dom als Welterbe zu erhalten, zeugt von geringem Selbstbewusstsein. Ein Einwurf

VON HENK RAIJER

Wenn es um den Dom geht, schlucken Kölns Spitzenpolitiker jede Kröte. Ab heute will eine Delegation um Bau- und Stadtentwicklungsdezernent Bernd Streitberger das Welterbe-Komitee der Unesco im litauischen Vilnius mit der Präsentation einer abgespeckten Version ihrer Hochhauspläne für das rechte Rheinufer beknien, den Dom doch bitte, bitte von der „Roten Liste“ der gefährdeten Welterben zu nehmen. Demütig gab Streitberger vor dem Treffen die Marschrichtung vor: „Wir wären sehr dankbar, wenn der Dom von der Roten Liste genommen würde.“ Und Kölns Oberbürgermeister Fritz Schramma (CDU) ist überzeugt, dass „mit dem Verzicht auf Hochhäuser die Stadt Köln hinreichend bewiesen hat, dass sie den Anforderungen der Unesco Genüge tut“.

Die hatte im Juli 2004 ihre Entscheidung, den seit 1996 mit dem Welterbe-Titel bedachten Dom auf die Rote Liste zu setzen, damit begründet, dass die Hochhauspläne das Gesamtbild der Kathedrale und der Stadtsilhouette gefährdeten. Im Klartext: Der gemeine Deutzer und sein japanischer Gast müssten zu allen Zeiten und von jedem Klofenster aus eine ungestörte Sicht auf den Dom haben können.

Um den „Anforderungen der Unesco Genüge zu tun“, hat die Delegation nun gleich drei Entwürfe im Gepäck. Alle drei Bebauungsvorschläge, so viel steht fest, beschränken sich auf eine maximale Höhe von 60 Metern. Zudem werde es eine mit dem Denkmalschutz abgestimmte, 200 Hektar umfassende Pufferzone für die Bebauung der linksrheinischen Innenstadt geben.

Peinlich ist dabei nicht nur das mangelnde Selbstbewusstsein der Kölner Stadtoberen, die sich auf keinen gemeinsamen Entwurf festlegen konnten und jetzt fürs Prestige ihrer Stadt vor den „Kulturhütern“ in den Staub kriechen; denn mit oder ohne Prädikat – es werden sich auch in Zukunft Millionen den Dom anschauen. Peinlich ist vor allem der Provinzialismus, der aus dem Verzicht auf eine mutige, visionäre Stadtentwicklungspolitik spricht.

Derselbe Bernd Streitberger, der jetzt die Zugeständnisse der Stadt an das Welterbe-Komitee auf den Weg gebracht hat, sagte vor zweieinhalb Jahren im Interview mit dieser Zeitung, Hochhäuser, die den Domfirst in Höhe von 60 Metern nicht überschritten, würden im Grunde genommen „nicht als Hochhäuser empfunden“. Wohl wahr. Zumal wenn man bedenkt, dass einer der geplanten Wolkenkratzer in der Zwischenzeit realisiert worden ist: der LVR-Turm, Höhe: 103,5 Meter, ein Solitär Aug‘ in Aug‘ mit dem Denkmal. Eine Stadt, die Metropole sein will, sollte sich von solcher Architektur beflügeln lassen und sich ein ganzes Ensemble davon leisten. Doch die Chance dazu ist jetzt wohl vertan.