Operation gelungen – Witten lebt weiter

Der Wissenschaftsrat hat keine Bedenken mehr gegen das Medizinstudium an der Universität Witten/Herdecke: Neun neue Professoren werden eingestellt, die Forschung ausgebaut und das Land erhöht die Finanzhilfen

Witten/Mainz taz ■ An der Privat-Universität Witten/Herdecke dürfen auch zukünftig Mediziner ausgebildet werden. Das hat der Wissenschaftsrat bei seiner gestrigen Sommersitzung in Mainz beschlossen. „Wir werden beweisen, dass die Universität das in sie gesetzte Vertrauen rechtfertigt“, sagte Uni-Präsident Wolfgang Glatthaar nach der Entscheidung. Konrad Schily, Gründungspräsident der Universität, reagierte verhalten auf die Entscheidung des Rates: „Ich bin froh über dieses Ergebnis. Aber ich hoffe, dass die Uni nicht Kröten schlucken musste, die sie nicht verdauen kann“, sagte er zur taz.

Die Uni konnte den Experten-Rat mit einem neuen Konzept für den Humanmedizinischen Studiengang überzeugen. Seit Mitte vergangenen Jahres steht er in der Kritik: Zu wenig hauptamtliche Professoren, geringe Forschungsleistung, lauteten die zentralen Vorwürfe des Rates.

Künftig wird die Versorgungsforschung an der Hochschule voran getrieben. Dabei wird die Patientenbetreuung unter alltäglichen Bedingungen untersucht. Sie bildet die wissenschaftliche Grundlage für mögliche Veränderungen der Patientenversorgung und des Gesundheitssystems. Neben neun neuen Professoren werden Stellen für 21 Mitarbeiter geschaffen. Die Grundlagenforschung wird ebenfalls ausgebaut: Es entsteht ein Forschungszentrum für Entzündungserkrankungen an Organen. Der Forderung des Wissenschaftsrates nach mehr interner Vernetzung von Forschung und Lehrer kommt die Uni ebenfalls nach. Die Umsetzung des Konzepts hat zum Teil bereits begonnen. Die Fortschritte waren mit ausschlaggebend für das positive Votum des Rates. „Wir sind jetzt frei, das Konzept das wir dem Rat vorgestellt haben umzusetzten“, sagte Olaf Kaltenborn, Sprecher der Hochschule.

Die Kosten für den Ausbau der Humanmedizin belaufen sich in den kommenden drei Jahren auf 11,5 Millionen Euro. Das Land beteiligt sich: Die jährlichen Zuschüsse für die Privat-Universität werden um eine Millionen auf insgesammt 4,5 Millionen Euro jährlich aufgestockt. Die verbleibenden Kosten werden durch Drittmittel der Hochschule gedeckt.

Im nordrhein-westfälischen Wissenschaftsministerium wurde die Entscheidung ebenfalls begrüßt: „Dies ist ein Meilenstein in der weiteren Entwicklung der bundesweit einzigartigen privaten Universität“, sagte Wissenschaftminister Andreas Pinkwart (FDP). Das Ministerium hatte an dem Konzept der Uni mitgearbeitet, das die Basis für die heutige Entscheidung war. Die Kritik des unabhängigen Wissenschaftrates an der Wittener Medizinerausbildung sorgte im vergangenen Jahr bundesweit für Aufsehen. Bis dahin galt der Reformstudiengang als wegweisend, weil die Studenten früh die Arbeit mit Patienten erlernen. Die nun erfolgte volle Anerkennung der Universität gilt bis 2009. Ein Jahr zuvor wird sie erneut turnusmäßig überprüft.

STEPHAN GROßE