SPRENGSTOFF IN DER PRAGER PALÄSTINENSERVERTRETUNG
: Bewaffnete Diplomatie

VON ALEXANDRA MOSTYN

Das neue Jahr wurde in Prag mit einem großen Bang eingeleitet. Gerade mal ein Vierteljahr im Amt, hatte sich der sogenannte Botschafter der Palästinenser am Neujahrstag kurz vor dem Mittagessen selbst in die Luft gejagt. Ein Attentat wurde sofort ausgeschlossen. Sowohl von der tschechischen Polizei als auch von der palästinensischen Führung. Obwohl Letztere den Mossad gerne für jeden Wetterumschwung verantwortlich macht, gab sie im Falle des Prager Neujahrsfeuerwerks kleinlaut zu, es habe sich um einen „Arbeitsunfall“ gehandelt.

Doch der „Arbeitsunfall“ hatte diese Woche noch ein Nachspiel. Die Palästinenser waren nämlich gerade in einen frisch erbauten Gebäudekomplex am nördlichen Stadtrand von Prag gezogen. Und mit dem Knaller von Einzugsparty konnten jene Prager nicht beruhigt werden, die schon vor dem Einzug ihrer neuen Nachbarn um ihre Sicherheit gefürchtet hatten.

Da das „Botschaftsgebäude“ noch nicht als solches eingeweiht war, durfte die tschechische Polizei dann dort ermitteln. Zu ihrer Unterstützung reiste sogar der stellvertretende palästinensische Außenminister an. Dass es sich dabei um den stolzen Vater einer Selbstmordattentäterin handelt, die in Haifa ein Restaurant in die Luft gejagt und dabei 21 Menschen, darunter fünf Kinder, ermordet hat, wurde in Prag ebenfalls nicht als vertrauensbildende Maßnahme empfunden. Genauso wenig wie die Tatsache, dass die Polizei in der Palästinenservertretung weiteren Sprengstoff und 12 Maschinengewehre der tschechoslowakischen Marke „Skorpion“ fand. Die Tschechen sollen die Waffen in den 1980er Jahren der PLO gespendet haben. Nur konnten sich die Palästinenser nicht damit herausreden, die 12 Gewehre irgendwo im Keller vergessen zu haben, schließlich sind sie ja gerade umgezogen und mussten die Waffen mit verpackt haben.

Inzwischen gab es vor dem „Botschaftskomplex“ eine Demonstration, und eine Internetpetition fordert die Schließung der Vertretung. Die relativ unhysterische Reaktion der tschechischen Diplomatie auf das palästinensische Waffenarsenal quittierten die Palästinenser mit einer Beschwerde an die EU. Die Tschechen würden den Friedensprozess stören, weil ihr Botschafter in Israel die Universität in Ariel besuchte. Nicht unbedingt hohe diplomatische Schule. Aber wozu auch Diplomatie, wenn man mit Verstößen gegen bestehende Konventionen ganz wunderbar davonkommt?