Mangelnde Symbolik

betr.: „Dabei sein ist alles“ von Daniel Bax, taz vom 3. 7. 06

Daniel Bax stellt fest, dass durch „die Adaption kollektiver Symbole“ Immigranten deutlich machen, dass sie dazugehören wollen. Dies gestaltet sich für einen aufgeklärten (deutschen) Verfassungspatriotismus als schwer. Da die Erinnerung an die Schrecken der NS-Zeit inzwischen zum Selbstverständnis der Republik gehören, halte ich keine andere Form der Vaterlandsliebe als eine reflektierte für angemessen. In diesem Zusammenhang ist das einzig akzeptable vaterländische Gefühl die Neigung zur Vernunft. Ein vernünftiger Verfassungspatriotismus lässt sich jedoch schlecht in greifbaren kollektiven Symbolen fassen.

Es hilft wenig, wenn auch Migrantenkinder in der Auseinandersetzung mit der deutschen Vergangenheit sich – durchaus differenziert, wie Viola Georgi in Ihrer Studie zeigte – der aus der Shoah ergebenden Verantwortung stellen und dann einige scheinbar doch unreflektiert mit nationalen Symbolen umgehen.

Das Deutschland des Verfassungspatriotismus schafft den Raum für Wandlungsfähigkeit und Weltoffenheit. Die Symbole dafür sind aber eher Habermas’ „Faktizität und Geltung“ und Kants „Zum ewigen Frieden“, welche sich jedoch denkbar schlecht wehend am Auto befestigen lassen und sich gleichsam nicht exklusiv für Deutschland vereinnahmbar sind, sondern eben Teil der offenen Welt sind. Die vielen Standortvorteile der Bundesrepublik wie soziale Absicherung, Wohlstand und Rechtsstaatlichkeit sollten doch ausreichen, um den Standortnachteil der mangelnden Symbolik auszugleichen.

SASCHA MAIER, Berlin