ORTSTERMIN: BEIM FDP-NEUJAHRSEMPFANG IN KIEL
: „Der Weg hat sich gelohnt“

Von der Decke, zwischen Rohren und Kabeln, hängen Lüster und Lampions, die matt in blau und gelb leuchten. Ein Dutzend runder Tische steht in der Halle, und nur wenige Stühle sind leer. „Ein voller Saal nach einer Wahlniederlage – das schafft nicht jeder“, sagt Christian Lindner, der Mann, mit dem an der Spitze die FDP den „Neustart in die Zukunft“ schaffen will. „Dafür hat sich der Weg nach Kiel gelohnt.“

Wie alle Jahre feiern die Liberalen in Schleswig-Holstein in Kiel ihren Neujahrsempfang: mit geladenen Parteimitgliedern sowie Gästen aus Politik, Verbänden und Gewerkschaften. Aber diesmal hat keine Regierungspartei eingeladen, keine feste Größe im deutschen parlamentarischen Gefüge, sondern eine Partei, die zuletzt eine Niederlage nach der anderen einfuhr und in Umfragen erst allmählich wieder in Richtung fünf Prozent krabbelt.

„Mein Lebenstraum ist in Erfüllung gegangen“, verkündet Wolfgang Kubicki, Fraktionschef im schleswig-holsteinischen Landtag: „Ich bin stellvertretender Vorsitzender einer Partei in der Apo.“ Wohliges Gelächter im Saal. An diesem trüben Vormittag wollen die Gäste, zumeist Herren in grauen Anzügen, nicht aufarbeiten oder wahlkämpfen, sie wollen Launiges hören. Und die Redner – Herren in dunklen Anzügen – tun ihnen den Gefallen: Neujahrsempfang in Kiel, das ist so was wie ein Warmlaufen zum politischen Aschermittwoch.

Der Sturz der Kanzlerin beim Skilaufen ist „medizinisch gesprochen ein Po-Faller“, scherzt Lindner und spricht’s so aus, dass es wie der Name eines Ex-Kanzleramtsministers klingt. Parteiinterne Debatten wiederum sehen so aus, dass „ich versuche mich abzuregen, und Kollege Kubicki wieder bei dem aus seiner Sicht schöneren Geschlecht antichambriert“, sagt der Landesparteichef und bekennende Homosexuelle Heiner Garg. Auch zur Überwachungs-Frage hat man eine Idee. „Wenn wir alle Hacker Europas zusammenrufen“, so Kubicki, „wäre der NSA-Rechner in 14 Tagen lahmgelegt.“

Die Stimmung ist gut, das ist die Botschaft. Auch wenn vielleicht doch weniger Gäste gekommen sind als in den Vorjahren, wenig Amtierende, dafür mehr Ehemalige, darunter die frühere Kieler Oberbürgermeisterin Angelika Vollquartz (CDU) und zwei ehemalige Minister, Emil Schmalfuß, der für die FDP das Justizressort führte, und Uwe Döring, früher SPD-Arbeitsminister. Dafür ist die Presse stark vertreten: Fernsehteams und Schreibende begleiten Lindners Auftritt und notieren eifrig mit, was er zur EZB zu sagen hat, zur NSA und demografischem Wandel.

Die FDP müsse netter zu ihrer Parteiführung sein, hatte der Landesvorsitzende Garg vor dem Empfang gefordert. Diese Botschaft haben die Gäste offenkundig vernommen: Alle Redner ernten Applaus, die Landtagsabgeordnete Anita Klahn bekommt gar ein Ständchen zum Geburtstag. Danach drängen die Gäste an das reichhaltige Buffet. Er nehme „eine Aufbruchstimmung wahr“, sagt Garg. Viele Mitglieder hätten offensichtlich „Lust und Spaß daran, zu einer liberalen Partei beizutragen“. Die nächste Chance auf Sieg oder Niederlage hat die FDP bei der Europawahl im Mai.ESTHER GEISSLINGER