Freispruch für Militärs

Ein dänisches Gericht wertet Misshandlung Gefangener im Irak nicht als eine Verletzung von Dienstpflichten

STOCKHOLM taz ■ Die Gefangenenmisshandlungen im Lager der dänischen Besatzungsarmee im Irak bleiben ohne rechtliche Konsequenzen. In der Berufungsinstanz sprach ein Kopenhagener Gericht am vergangenen Donnerstag die Offizierin Annemette Hommel und vier mitangeklagte Militärpolizisten von dem Vorwurf militärischer Dienstvergehen frei. Zudem hob es einen Schuldspruch des erstinstanzlichen Schöffengerichts auf, der im Januar ohne Verhängung einer Strafe ergangen war.

Im Sommer 2004 und im Gefolge der Enthüllungen um die Vorgänge im Abu Ghraib-Gefängnis war der dänische Folterskandal öffentlich geworden. Im „Camp Eden“ der dänischen Iraktruppe wurde im Frühjahr 2004 misshandelt, um die Psyche widerspenstiger Gefangener zu brechen und sie zu Aussagen zu bringen. Zivile Gefangene wurden gezwungen, die Nacht im Freien auf Knien hockend zu verbringen. Mindestens ein Gefangener konnte nach dieser Behandlung nicht mehr selbst laufen und musste zum Verhör geschleppt werden.

Um den Widerstand zu brechen, verweigerte man stundenlang den Zugang zu Wasser oder Toiletten und nahm in Kauf, dass Menschen umfielen oder sich in die Hose machten. Die Verhörten als Hunde, Schweine und Männer ohne Schwanz beschimpft zu haben, gab die Offizierin vor Gericht selbst zu.

Die dänische Militärführung wusste monatelang von diesen Vorgängen, reagierte aber erst, als die Zeugenaussagen eines Zivildolmetschers, der bei den Misshandlungen anwesend war, an die Öffentlichkeit zu dringen drohten. Man berief darauf sowohl Hommel als auch deren Vorgesetzten aus dem Irak ab und eröffnete ein Ermittlungsverfahren vor der Militärgerichtsbarkeit wegen „ungesetzlicher Verhörmethoden“. Wie sich bald herausstellte, standen solche Methoden aber jahrelang auf dem Ausbildungsplan der dänischen Armee. Das zu trainieren, was in der Realität gegen die Genfer Konvention zum Schutz der Zivilbevölkerung verstoßen würde, wurde nun plötzlich als Einüben dessen, was man nicht machen dürfe, gerechtfertigt.

Das Gericht bejaht zwar einen möglichen Verstoß gegen die Genfer Konvention, spricht die Angeklagten aber frei, da über die Frage der schweren Verletzung militärischer Dienstpflichten zu befinden sei. Diese wolle man angesichts der Versäumnisse der Vorgesetzten nicht bejahen. Medienkommentare verlangen Konsequenzen in der Militärführung. „Dort scheint eindeutig etwas faul zu sein“, schreibt die Tageszeitung Politiken. REINHARD WOLFF

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