„Bremen ist im Vorteil“

GLOBALISIERUNG Ein Ex-Diplomat erklärt, was in Bremen besser ist als in anderen Bundesländern

■ ist ein ehemaliger österreichischer Diplomat und Globalisierungskritiker.

taz: Herr Breisky, Sie sehen die Gesellschaft in einer schweren Systemkrise. Was meinen Sie damit?

Michael Breisky: Durch die Globalisierung ist eine Scherenentwicklung entstanden. Auf der einen Seite haben wir fortschrittliche Technik und den Abbau der Grenzen. Auf der anderen Seite haben wir den Abbau von Spiritualität und Tradition: Wir denken nicht mehr voraus.

Das bedeutet konkret?

Nehmen wir den ICE, eine technologisch fortschrittliche Maschine. Allerdings hat man bei den Planungen nicht daran gedacht, dass die Fahrgäste die Möglichkeit haben müssen, die Fenster zu öffnen – falls einmal eine Klimaanlage ausfällt.

Und was hat das wiederum mit der Globalisierung zu tun?

In kleinen Staaten ist vieles einfacher, alles geht schneller. Bremen ist in meinen Augen Ländern wie Bayern oder Nordrhein-Westfalen weit voraus. Entscheidende Leute können schneller erreicht werden, eine kleine Bevölkerungsgruppe braucht nicht so viel Zeit einen Meinungsprozess zu bilden. Auch Behördengänge gehen einfacher – auf sämtliche Probleme kann schneller reagiert, entsprechende Lösungen rascher umgesetzt werden.

Nennen Sie mal ein Beispiel.

Liechtenstein. Noch vor 100 Jahren war der Staat nicht in der Lage, alle seine Einwohner zu ernähren. Heute ist es eines der reichsten Länder der Welt – auch ohne die Gewinne aus den Steuergeldern. Es ist gut, in den internationalen Märkten vertreten zu sein und gleichzeitig über eine gewisse Überschaubarkeit zu verfügen.

Leopold Kohr sagte „Small ist Beautiful“ – Wie klein darf ein Staat sein?

Die optimale Einwohnerzahl liegt bei etwa 250.000 Menschen, die absolute Obergrenze sind zehn Millionen. INT.: MWA

Vortrag, 19 Uhr, Kaminsaal im Rathaus