Zweifel an rassistischem Hintergrund

ERMITTLUNGEN Staatsanwaltschaft Hildesheim wirft dem Flüchtlingsrat vor, Mutmaßungen zu verbreiten

„Die Staatsanwaltschaft soll ihre Arbeit machen“

Dündar Kelloglu, Flüchtlingsrat

Die Staatsanwaltschaft Hildesheim wirft dem niedersächsischen Flüchtlingsrat vor, leichtfertig Mutmaßungen zu verbreiten. Oberstaatsanwalt Thomas Pfleiderer zufolge geht der Rat ohne „Anhaltspunkte“ von einen „rassistischen Hintergrund“ bei einem Überfall auf eine Roma-Familie aus. Das Ansehen der Region sei, so Pfleiderer, beschädigt und „Mitbürger mit Migrationshintergrund“ würden „grundlos verängstigt“.

Am 14. Januar hatte der Flüchtlingsrat mit einer Presseerklärung auf einen Überfall auf eine Roma-Familie in Söhren aufmerksam gemacht. Sigmar Walbrecht sprach anschließend von einem „mutmaßlichen“ rassistischen Hintergrund. Eine Mitteilung der Polizei zu dem nächtlichen Angriff, bei dem am 4. Januar der siebenköpfigen Familie in ihrer Wohnung 1.300 Euro geraubt wurden, fand sich nicht. Der Vater habe im Gespräch mit dem Flüchtlingsrat berichtet, so sagte Walbrecht der taz, dass acht junge Männer sie überfielen. Einer der Männer, die teilweise Glatzen und Springerstiefel trugen, habe ihn mit einer Pistole bedroht. „Das waren Nazis“ soll der Vater gesagt haben.

Diese Schlussfolgerung, sagt jedoch Pfleiderer, habe „keine Tatsachengrundlage“. Der Familienvater habe bei der Polizei nur von zwei Männern, nicht aber explizit von Nazis gesprochen. In seiner Vernehmung habe Walbrecht erklärt, die Informationen bloß erzählt bekommen zu haben, so der Staatsanwalt.

„Die Staatsanwaltschaft soll ihre Arbeit machen, statt mit fragwürdigen Vorwürfen Unterstützer anzugreifen“, sagt nun Dündar Kelloglu vom Flüchtlingsrat. Angesichts des Versagens der Behörden bei der Aufklärung rechtsextremer Gewalttaten sei Zurückhaltung angebracht, sagt der Rechtsanwalt.

Die Staatsanwaltschaft räumte gegenüber der taz ein, dass die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen sind.  ANDREAS SPEIT