Erstmals Verhandlung über Tarif

Türkei-Tochter der deutschen Firma ZF spricht jetzt doch mit der Gewerkschaft

BERLIN taz ■ Was aus Sicht der Gewerkschaft einen großen Fortschritt bedeutet, ist für die Unternehmensleitung etwas ganz Normales: Beim Ableger des deutschen Automobilzuliefers ZF Lemförder in der türkischen Stadt Izmir laufen neuerdings Tarifverhandlungen.

Unter anderem geht es um die Wiedereinstellung von sechs unlängst entlassenen Beschäftigten und um Lohnerhöhungen, sagt Hassan Arslan von der türkischen Metall-Gewerkschaft Birlesik Metal-Is. Über die Vorgeschichte der Verhandlungen gibt es zwei ganz unterschiedliche Varianten. Im vergangenen März noch habe die türkische Firmenleitung von ZF in Izmir versucht, die unabhängige Gewerkschaft Birlesik aus dem Betrieb zu drängen, erklärt Arslan. Sechs Beschäftigte seien entlassen worden, um die weitere Organisierung zu stoppen. Die taz hatte die Vorwürfe an die Adresse von ZF am 20. Mai publik gemacht.

ZF Lemförder weist die Vorwürfe zurück. Weder habe das Unternehmen die Gewerkschaft behindert, noch sei den sechs Beschäftigten im Zusammenhang mit gewerkschaftlichen Aktivitäten gekündigt worden. Die Arbeitsleistung der Gekündigten sei mangelhaft gewesen, lautet die Version des Unternehmens. Die Gespräche mit Birlesik hätten außerdem schon vor der Veröffentlichung des Vorfalls begonnen und nicht erst danach, sagt ZF-Sprecher Hesselbarth.

Unternehmen und Birlesik verhandeln nun über ein Paket, das Lohnerhöhungen, Arbeitsbedingungen und die Sicherheit der Arbeitsplätze betrifft. Über die Wiedereinstellung der Gekündigten sei noch nicht gesprochen worden, so Hesselbarth. Das Unternehmen wolle erst einmal den Ausgang der Klagen der Betroffenen vor dem örtlichen Arbeitsgericht abwarten.

Die deutsche IG Metall setzt sich dafür ein, dass die Entlassenen wieder eingestellt werden. Die Gewerkschaft beklagt, dass die Kündigungen einen Verstoß gegen internationale Normen für Unternehmen darstellten. Diverse internationale Verträge und Konventionen verpflichten Firmen dazu, die Koalitionsfreiheit ihrer Beschäftigten und das Recht auf freie Lohnverhandlungen anzuerkennen.

HANNES KOCH