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: Ein Apparatschik im Dienste Milošević’

Betrat man Ende der Achtzigerjahre das Gebäude des Zentralkomitees des Kommunistischen Bundes in Belgrad, wiesen Männer in grauen Anzügen mürrisch den Weg zur außenpolitischen Abteilung. Die für Jugoslawien typische Note der Putzmittel mischte sich mit dem schalen Geruch, der aus den Büros auf die Gänge zog.

Das war die Lebenswelt des späteren serbischen Präsidenten Milan Milutinović, der sich jetzt vor dem Kriegsverbrechertribunal in Den Haag wegen der Verbrechen des Regimes im Kosovo verantworten muss. Der 1942 in Belgrad geborene Kommunist hatte schon damals eine Bilderbuchkarriere hinter sich, zunächst im kommunistischen Jugendverband, dann im Parlament als Mitglied des außenpolitischen Ausschusses.

Neue Ideen waren seine Sache nicht. In einem damals geführten Interview referierte er zwar mit Charme die aktuelle Parteilinie, doch er ging auf keine Fragen ein, die den bereits spürbaren innenpolitischen Konflikt berührten. Der grauhaarige Jurist gab sich keine Blöße. Auch nicht, als der Konflikt zwischen dem damaligen serbischen Parteichef Ivan Stambolić und Slobodan Milošević begann. Milošević wollte den Schulterschluss mit den serbischen Nationalisten, Stambolić hielt an den alten Idealen der Brüderlichkeit der Völker Jugoslawiens fest. Milutinović hielt sich zurück. Bei der Kampfabstimmung allerdings hob er den Finger für seinen späteren Mentor Milošević.

Das brachte ihn vorwärts. Er wurde Botschafter in Athen, als Milošević Kroatien und dann Bosnien mit Krieg überzog. Das Nato-Land Griechenland stellte sich lange auf die Seite Belgrads. Damit machte sich Milutinović einen Namen. Im August 1995 ernannte Milošević ihn zum Außenminister der Rumpfrepublik Jugoslawien (Serbien und Montenegro), er nahm an den Verhandlungen zur Beendigung des Bosnienkrieges teil. Im Dezember 1997 gewann er als Kandidat der Sozialisten die serbischen Präsidentschaftswahlen.

Nun war er im inneren Kreis der Macht. Schon im Winter 1997/98 begann die jugoslawische Armee damit, Verstärkungen in das Kosovo zu schicken. Mit dem Auftauchen der albanischen Widerstandsarmee UÇK verstärkte die serbische Seite den Terror gegen die Zivilbevölkerung. Von allen Entscheidungen bis hin zur Vertreibung der Albaner aus ihren Dörfern ab Sommer 1988 bis Frühjahr 1999 musste Milotinović gewusst haben. Ob er aber diese Politik selbst durchgesetzt hat, wird in Belgrad bezweifelt. Er habe als guter Apparatschik seinen Finger gehoben, mitgemacht, nicht geleitet. 2002, nach Ablauf seiner Amtszeit und dem Sturz Milošević’, stellte er sich dem Gericht in Den Haag. ERICH RATHFELDER