hört auf den Sound der Stadt

THOMAS MAUCH

Bald ist ja wieder Berlinale und damit der Hinweis fällig, dass man in diesen Tagen dem Festival zum Trotz auch „ganz normal“ ins Kino gehen kann, abseits der Filmfestspiele. Und genauso trotzköpfig kann man sich natürlich bei der Musik verhalten. Da stehen diese Woche mit Ultraschall (noch bis Sonntag, unter anderem mit Werken von Steve Reich und neuen Angeboten der musikalischen Avantgarde Norwegens) und CTM (mehr dazu auf Seite 2 hier im taz.plan) als Festival-Eckpfeiler im hiesigen Kulturbetrieb, und es gibt eben auch sonst noch in der Stadt genug gute Gründe, sich an denen mal vorbeizumogeln und am Freitag zum Beispiel in den Schokoladen zu gehen. Zu Gorilla Mask. Jazz. Und zwar von der härteren Sorte. Immer frei rein ins Gestrüpp, wo man sich schon verirren kann. Als Orientierungsmarken gibt das Berliner Trio – Saxofon, Schlagzeug, Bass – so Leuchttürme wie Albert Ayler, John Zorn und Peter Brötzmann an. Also echte Größen. Neben denen kann man sich dann im Vergleich recht zwergenhaft ausnehmen. Gorilla Mask aber haben bestimmt nichts Zwergenhaftes (Ackerstr. 169, 19 Uhr).

Für zwischendurch: „Wenn die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge einen langen Schatten.“ Wusste Karl Kraus.

Einfach ausgeknipst hat man die Sonne der Kultur mal in Kambodscha. Kein Licht. Kein Schatten. Nur noch der Terror der Roten Khmer in den Mittsiebzigern, den auch Sinn Sisamouth, Ros Sereysothea und Pan Ron nicht überlebt haben. Womit man schon mal für die Recherche im Netz drei prominente Namen der untergegangenen Pracht des Khmer-Pop hat, dieses mitreißenden Gamelan-Rock-’n’-Roll der Endsechziger. Vergangene Woche war davon was im HAU zu hören beim Auftritt des Cambodian Space Project um die Sängerin Srey Thy, etwa mit einer umwerfenden Version von „Chnam Oun Dop Pram Muy“ („Ich bin 16“), womit dieser frenetische Garagenrocker von Ros Sereysothea, musikalisches Herzstück in den Soundtracks von Detlev Bucks „Same Same but Different“ und Matt Dillons „City of Ghosts“, erstmals überhaupt, wenn ich es recht überblicke, live zu hören war in Berlin. Am Sonntag kommt das Cambodian Space Project nochmals in die Stadt zu einem Konzert im King Kong Klub (Brunnenstr. 173, 20 Uhr. 7 €).

Auch Felix Kubin gastiert bei seiner Tour mit dem Warschauer Orchester Mitch & Mitch nach dem Auftritt Ende vergangenes Jahr im Haus der Kulturen der Welt nochmals in Berlin, am Montag im Neuköllner NK. Eine höchst eigenartige Version von Lounge Music, Unterhaltungsjazz und Progrock, der dazu zickig tanzbar ist. Incredibly strange tanzbare music. Schön (Elsenstr. 52, 21 Uhr).