Erzieher werden Mangelware

KINDER In den kommenden Jahren könnten über 450 BetreuerInnen für unter Dreijährige fehlen. Eine konkrete Lösung des Problems ist noch nicht in Sicht

„Wir wissen, dass wir mehr ErzieherInnen brauchen“, sagt das Sozialressort

Bis 2013 werden voraussichtlich immer weniger Bremer Kinder unter drei Jahren in einer Einrichtung betreut werden können. Grund ist fehlendes Personal, wie eine neue Studie des Deutschen Jugendinstituts (DJI) ermittelte.

Demnach werden in den kommenden drei Jahren 192 MitarbeiterInnen in Kindertagesstätten und 360 in Tagespflegeeinrichtungen in Bremen fehlen. „Der Senat unternimmt nichts, obwohl zukünftig ein Rechtsanspruch auf Krippenplätze für Eltern besteht“, sagt die Linken-Abgeordnete Inga Nitz.

Die Landesregierung wollte bereits 2009 die Betreuung von unter Dreijährigen ausbauen. So stehen in diesem Jahr 170 Plätze mehr in den Einrichtungen zur Verfügung. „Aber das reicht lange nicht aus“, so Nitz. Im vergangenem Jahr war eine ErzieherIn in Bremen im Durchschnitt für 2,4 Kinder verantwortlich. „Sollte diese Zahl steigen, wäre die Einrichtung vielmehr eine Aufbewahrungsstätte als ein Ort zum Lernen und Spielen.“

Die Linksfraktion fordert mehr Personal und Ausbildungsplätze. Laut DJI verfügt Bremen mit rund 600 Studienplätzen im Bereich der frühkindlichen Pädagogik über ein „überdurchschnittliches Potenzial“ an den Hochschulen. Das Angebot an schulischer Ausbildung ist hingegen noch ausbaufähig. „Wir wissen, dass wir mehr ErzieherInnen brauchen“, sagt Petra Kodré, Sprecherin des Sozialressorts. Die Sozialbehörde möchte deshalb die Ausbildung an Schulen erweitern und die berufsbegleitenden Qualifikationen fördern. In welchem Umfang Maßnahmen stattfinden können, sei allerdings noch umstritten. Auch ist fraglich, ob es nicht noch eine schnellere Lösung gibt: So sind in diesem Jahr laut DJI-Studie 351 ErzieherInnen in Bremen als arbeitslos gemeldet.

Kirsten Hanschen, stellvertretene Abteilungsleiterin des Landesverbandes Evangelischer Tageseinrichtungen für Kinder in Bremen sieht die Probleme noch nicht als dringlich an: „In den kommenden Jahren werden wir unsere Stellen besetzen können.“ Auch die DJI-Studie betrachtet sie kritisch: Dass Erzieherstellen frei würden, sei ein ganz normaler Wandel. Lediglich durch den Ausbau der Krippenplätze sei ein höherer Bedarf an BetreuerInnen notwendig. Senat, Schulen und Universitäten müssten nun für ausreichend Erziehernachwuchs sorgen. „Ausländische Bewerber haben es schwer, ihre Abschlüsse anerkennen zu lassen. Das sollte man vereinfachen“.

Für eine bundesweite Lösung plädiert Ilse Wehrmann, Sachverständige für Frühpädagogik. „Ich sehe das Problem noch gravierender, als es in der Studie dargestellt ist.“ Der Erzieherberuf sollte laut Wehrmann besonders für qualifiziertes Personal und QuereinsteigerInnen attraktiver gemacht werden. Dabei spiele auch die Bezahlung eine entscheidende Rolle. Bis eine einheitliche Lösung gefunden werde, müssten „Notprogramme“ greifen. KRISTIN BÖHMER