BERND PICKERT ÜBER DIE HINRICHTUNG EINES MEXIKANERS IN TEXAS
: Das Recht des Stärkeren

Sie haben es wieder getan. Wie zuletzt 2011 hat Texas einen Mexikaner hingerichtet, dem die in der Wiener Konsularrechtskonvention verbrieften Rechte verwehrt worden waren. Erneut tut die texanische Justiz so, als ginge es sie nichts an, wozu sich die USA durch ihren Beitritt zu internationalen Konventionen verpflichtet haben. Und der Oberste Gerichtshof leistet diesem Irrsinn auch noch Vorschub.

Dass Texas auch entgegen inzwischen gleich mehrerer bindender Urteile des Internationalen Gerichtshofs auf der Anwendung der Todesstrafe beharrt, ist ein Skandal. Und es zeigt den Mangel der US-Justiz: Hätte der Angeklagte konsularischen Beistand gehabt, hätte er bessere Anwälte bekommen, würde er vermutlich noch leben. Und: Wenn es nicht ein illegal eingewanderter Mexikaner gewesen wäre, der da wegen Mordes vor Gericht stand, sondern etwa der Firmenchef eines internationalen Unternehmens – undenkbar, dass mit ihm so umgegangen worden wäre.

US-Außenminister John Kerry hat recht, wenn er sagt, die USA könnten schlecht von anderen Ländern die Einhaltung internationaler Verpflichtungen fordern, wenn sie sich selbst nicht daran halten. Nur: Das gilt auch für diverse andere Bereiche, angefangen beim Überwachungsskandal. In Florida etwa sitzen seit 1998 vier kubanische Geheimdienstmitarbeiter in Haft, die in den USA militante Anti-Castro-Gruppen und deren mögliche Anschlagpläne ausgespäht hatten. Sie hatten keine Gewalt angewendet. Bekommen die USA hingegen davon Wind, dass in Ländern wie Pakistan, Afghanistan, Somalia oder Jemen militante Gruppen Anschläge auf US-Einrichtungen planen, schicken sie Drohnen – und reklamieren dafür ein nicht näher definiertes internationales Recht. Es ist das Recht des Stärkeren. Sonst nichts.

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