Stopp, Hooligan, stopp!

Schweizer Referendum gegen Hooligandatei scheitert. Nun fürchten die Gegner „Eingriffe in die persönliche Freiheit“

BERN taz ■ Schweizer Fußballfans werden demnächst offiziell als Hooligans geführt. Gestern scheiterte ihr Referendum gegen das Schweizer Hooligangesetz. Statt der benötigten 50.000 wollten sich nur gut 40.000 Bundesbürger in die Unterschriftenlisten eintragen. „Wir werten das als Achtungserfolg“, sagte Ruben Schönenfelder, Sprecher des Referendums gegen die „Änderung des Bundesgesetzes zur Wahrung der inneren Sicherheit“. Man habe immerhin eine Diskussion angeregt, sagte Schönenfelder. Erstmals hätten „verfeindete Fans an einem Tisch gesessen“. Mit dem Scheitern ist die Änderung rechtsgültig. Das Hooligangesetz wird Anfang nächsten Jahres in Kraft treten

Das Schweizer Parlament hatte die Gesetzesänderungen im Frühjahr verabschiedet, um mit Blick auf die Fußball-Europameisterschaft 2008 in Österreich und der Schweiz „schnellere Sanktionen gegen Störer“ aussprechen zu können. Treibende Kraft war die Schweizer Volkspartei um den rechtspopulistischen Justizminister Christoph Blocher. Lediglich die Grünen lehnten die Verschärfung als „rechtsstaatlich fragwürdig“ ab. „Schwere Eingriffe in die persönliche Freiheit“ würden ohne richterliche Anordnung vollzogen, sagte Grünen-Politiker Daniel Vischer. Gemeinsam mit Fans, Bürgerrechtlern und der Wochenzeitung WOZ unterstützte die Partei das Referendum.

Das Gesetz sieht die Einrichtung einer Datenbank vor, in der potenzielle Gewalttäter gespeichert werden. Spätestens zur EM soll die Hooligandatei stehen. Auf deren Basis können Stadionverbote, Platzverweise und Ausreiseverbote ausgesprochen werden. Jugendliche ab 12 Jahren sollen erfasst werden, 16-jährige Fans könnten vorübergehend festgenommen werden.

Als Vorbild dient die bundesdeutsche Datei „Gewalttäter Sport“. Die Datenbank, die seit zwölf Jahren in Düsseldorf beim Landeskriminalamt NRW von der Zentralen Informationsstelle Sporteinsätze (ZIS) verwaltet wird, hat Datensätze von mehr als 7.000 so genannten Gewalttätern gespeichert. Für die Aufnahme in diese Datei sind weder ein Ermittlungsverfahren noch eine Verurteilung nötig, es reicht die Feststellung der Personalien bei einem Fußballspiel.

Während der WM besuchte eine Schweizer Delegation die deutschen Kollegen, um sich zu informieren. Ein ZIS-Sprecher teilte auf taz-Anfrage mit, dass seine Abteilung den Schweizer Behörden beim Aufbau der Hooligandatei „hilfreich zur Seite“ stehen werde. HOLGER PAULER