Murren über Autonomiegesetz für Aceh

Exrebellen der Bewegung Freies Aceh kritisieren das von Indonesiens Parlament für ihre Provinz beschlossene Gesetz

BANGKOK taz ■ Das vom indonesischen Parlament in dieser Woche einstimmig beschlossene Gesetz soll Aceh eine begrenzte politische Autonomie gewähren. Im Gegensatz zu anderen Provinzen wird es in Aceh demnach erlaubt sein, lokale Parteien zu gründen. Das soll ermöglichen, die inzwischen erfolgreich entwaffnete bisherige Rebellenorganisation der „Bewegung freies Aceh“ (AGM) ins politische System zu integrieren.

Auch sollen in Zukunft 70 Prozent der Einkünfte aus den reichhaltigen Öl- und Gasvorkommen in der ehemaligen Bürgerkriegsprovinz an der Nordspitze Sumatras verbleiben statt wie bisher zum Großteil in die Taschen der Zentralregierung in Jakarta zu fließen. Auch bleibt die Scharia, die in anderen Landesteilen kaum eingeführte strenge Auslegung islamischen Rechts, in Aceh weiterhin gültig.

Teilen der GAM hingegen geht das Gesetz, das auf Grundlage des vom finnischen Expräsidenten Martti Athisaari initiierten Friedensvertrags zwischen Rebellen und Indonesiens Regierung im August 2005 basiert, nicht weit genug. Die GAM hatte damals ihre dreißig Jahre alte Forderung nach Unabhängigkeit fallen lassen. Sie moniert, dass der Autonomiestatus nicht klar geregelt sei: „Das Gesetz besagt, dass Aceh indonesischem Recht folgen muss“, kritisierte ein GAM-Sprecher. Das betrifft unter anderem die Machtbefugnisse des indonesischen Militärs.

Es war vorgesehen, dass die Armee nur zu Zwecken der nationalen Verteidigung in Aceh stationiert bleiben solle. Durch das neue Gesetz sieht man diese ursprüngliche Vereinbarung ausgehebelt. Die GAM droht jetzt jedoch nicht mit der Rückkehr zum bewaffneten Kampf, sondern kündigte an, bei den in der Provinz weilenden europäischen und südostasiatischen Friedensbeobachtern (AMM) Beschwerde einlegen zu wollen. Die AMM hatte das neue Gesetz begrüßt, weil es die Prinzipien des Helsinki-Vertrags weitgehend erfülle.

Auch das beschlossene Menschenrechtsgericht für Aceh steht in der Kritik. Denn es soll nur künftige Vergehen ahnden, nicht aber die Verbrechen während des 30-jährigen Bürgerkriegs, in dem rund 15.000 Menschen starben. Andere Achinesen jedoch, darunter Mitglieder des indonesischen Parlaments, bewerten das Gesetz als „optimal zum gegenwärtigen Zeitpunkt“. Damit geben sie indirekt zu, dass Aceh bis zur Bildung eigener politischer Parteien eine Übergangslösung braucht. Noch in diesem Jahr sollen in Aceh Gouverneurs- und Kommunalwahlen mit internationaler Beobachtung abgehalten werden.

Die Friedensgespräche zwischen GAM und Regierung waren erneut in Gang und dann erfolgreich zum Abschluss gekommen, nachdem Acehs Küstenregionen durch den Tsunami Ende Dezember 2004 verwüstet worden war. NICOLA GLASS