Kurz mal die coole Sau

Der weiße Prinz des Soulpops enttäuscht: Justin Timberlake bringt in Köln ein kurzes sinnfreies Konzert

Das strahlende, sporadisch auftauchende Lächeln in seinem Gesicht ist noch das Verbindlichste, was Justin Timberlake an diesem Abend in der Domstadt bei seinem einzigen Konzert in Deutschland kommuniziert. „Wie geht‘s Köln? You look sexy!“ Persönlicher wird die Ansprache des 25- jährigen weißen Prinzen des Soulpops im E-Werk nicht. Justin spielt ganz die coole Sau. Dabei passt das noble Nadelstreifen-Outfit aus dunkler, schmaler Hose, edler Weste und schwarzglänzender Krawatte über weißem Hemd so gar nicht zur HipHop-basierten und durch ihren bollernden Ein-Akkord-Beat zwar sehr eingängigen, aber auf Dauer melodisch eher langweilenden ersten Single-Auskopplung Sexyback. „I‘m bringing sexy back, you motherfuckers, watch how I attack!“ So kühl und nüchtern er auf der Bühne rüberkommt, so aussagefrei sind seine neuen Songs. So richtig ausschweifend wird er dafür auch nicht, einige Fans sind von der Kürze des Konzerts doch sichtlich enttäuscht.

Auf dem erst für September angekündigten Debüt-Nachfolger dreht sich alles um altbewährte Leitthemen: Beziehung, Liebe, Sex. Auch in der stimmlich ans zwei Jahre alte „Justified“-Album anknüpfenden R‘n‘B-Ballade What goes around, comes around. Timberlake kündigt sie mit den Worten: „This might be my favourite!“ an und transportiert damit wenigstens noch eine Minidosis Gefühl. Auch von tänzerischer Attacke fand sich in Köln keine Spur. Mr. Noch-Diaz wandelte zwar in jener gewohnten, körperlich-akzentuierten Manier zwischen Mikro, Akustikgitarre und E-Piano hin und her. Die mühelos wirkenden, beatgenauen Moves beschwören die bekannte anziehende Aura von lässig-arroganter Unnahbarkeit. Doch bis auf eine maximal halbminütig-synchrone Danceeinlage, bei der der weiße, durchtrainierte Hänfling von seinen beiden beleibten, schwarzen Backgroundsängern flankiert wird, verzichtet Timberlake auf längere Tanzpassagen.

Schade, denn spätestens jetzt hatten auch die Tanzbeine der Zuschauer Blut geleckt. Schließlich machen gerade Timberlakes tänzerischen Qualitäten den Künstler live so reizvoll. Doch dessen Zurückhaltung resultierte möglicherweise aus Platzmangel auf der Bühne. Der Sänger hatte eine elfköpfige Band im Rücken. Und die hatte es wenigstens in sich. Nicht nur, dass sie sich in Like I love you über Latingrooves virtuos ins hardrockige Smells-like-teen-spirit-Outro verändert, auch ruhige Nummern und rhythmuslastige Stücke leben von trennscharfer Nuancierung und der doch insgesamt beeindruckenden Professionalität. Vor allem der schwarze Drummer – der trotz Wuchtigkeit und Muskelpaketen beinahe hinter seinem ausladenden Instrument verschwand – schien in einem furiosen Showdown-Solo mit seiner Drum-Machine zu verschmelzen.

MARIKA DRESSELHAUS