Mehr Transparenz bei Billigtickets

Die EU will irreführende Lockangebote für Flugtickets verbieten. Schnäppchen entpuppen sich oft als Mogelpackung – weil sie keine Gebühren und Spritzuschläge enthalten. Ab Ende 2007 sollen Fluggesellschaften nur noch mit Endpreisen werben dürfen

VON DANIELA WEINGÄRTNER
UND VOLKER HOLLMICHEL

Da kriegt das Fernweh Flügel: mal eben von Brüssel nach Barcelona für traumhafte 39 Euro. Doch ein paar Klicks weiter ist der Traum ausgeträumt: Inklusive Flughafengebühren, Steuern und Aufschlag für Online-Buchung kostet der Flug in die Sonne mehr als das Doppelte. Solch undurchsichtige Preispraktiken will die EU-Kommission zukünftig stoppen und stellte dazu gestern in Brüssel einen Verordnungsentwurf vor. Er soll die Luftfahrtgesellschaften dazu verpflichten, in ihrer Werbung die Gesamtkosten für ein Ticket anzugeben – also einschließlich Flughafengebühr, Steuern und Kerosinzuschlägen.

Außerdem sollen Leistungen künftig dasselbe kosten – egal wo der Passagier seinen Wohnsitz hat. Bei einer Buchung im Internet darf der Kunde aus Warschau für denselben Flug nicht mehr bezahlen als ein Kunde aus Brüssel. Auch die Flughafengebühren dürfen sich künftig nicht mehr von Airline zu Airline unterscheiden. Und sie dürfen nicht höher sein als die Kosten, die tatsächlich entstehen.

Eigentlich gibt es bereits eine Richtlinie gegen unfaire Geschäftspraktiken, die wie die neue Verordnung bis Ende 2007 in nationales Recht umgesetzt sein muss und derartige Praktiken aufs Korn nimmt. Sie verlangt, dass Preise vergleichbar und nachvollziehbar sein müssen – ob es um einen Big Mac geht oder um ein Flugticket, ist dabei egal. Warum also zusätzlich eine Verordnung für den Luftverkehr?

Die zuständigen Experten aus der EU-Kommission wussten das gestern auch nicht so genau. Flugverkehr sei eben schon ein sehr spezielles Marktsegment. Aus drei derzeit bestehenden Verordnungen werde eine gemacht, Überflüssiges falle weg.

Die Liberalisierung des Luftraumes zwischen 1987 und 1997 habe dazu geführt, dass ein Viertel mehr Fluggesellschaften doppelt so viele Routen bedienten. Es gebe mehr Wettbewerb und dadurch deutlich niedrigere Preise für die Reisenden.

In der Brüsseler Zentrale des Europäischen Verbandes der Billigflieger (ELFAA) stößt das Vorgehen der EU-Kommission auf Unverständnis. „Auf dem europäischen Mietauto-Markt herrscht doch viel weniger Transparenz“, sagte ELFAA-Generalsekretär John Hanlon der taz. Zustimmung kommt auf der anderen Seite von der deutschen Wettbewerbszentrale. „Wir haben schon immer den Standpunkt vertreten, dass nur bei den tatsächlichen Endpreisen inklusive alle Zuschläge für den Verbraucher ein transparenter Vergleich möglich ist“, sagt der stellvertretende Geschäftsführer Hans-Frieder Schönheit. Besonders gestört hat man sich hier an der deutschen Rechtsprechung. Zwar galt in Deutschland bereits vor dem Gesetzesvorstoß der EU formell die Vorschrift, nur mit Endpreisen zu werben. Doch bislang wurden Verstöße in Form von Flugpreisen mit Zusatzangaben in Fußnoten von den deutschen Gerichten toleriert.

Auch die Fluggesellschaften begrüßten die EU-Pläne. Hier hofft man dank mehr Preistransparenz auf einen faireren Wettbewerb. Selbst die Billig-Fluganbieter, zu deren Schnäppchenpreisen oft noch versteckte Gebühren hinzukommen, freuen sich. „Wir arbeiten bereits seit 2002 mit Endpreisen“, sagt Peter Hauptvogel, Pressesprecher der größten deutschen Billig-Fluglinie Air Berlin. Er schiebt den schwarzen Peter der Billigkonkurrenz aus dem europäischen Ausland zu. „Da werden Angebote mit 99 Cent beziffert und am Ende sind es doch 60 Euro.“