Fiat sagt Ciao

AUTO Italien jubelte, als der Konzern den US-Konkurrenten Chrysler übernahm. Jetzt kehrt der Produzent des Panda seiner Heimat den Rücken zu. Die meisten seiner Fahrzeuge werden bereits anderswo gebaut

ROM taz | Fiat zieht um, raus aus Turin, raus aus Italien, hinaus in die große, weite Welt. Am Mittwoch beschloss der Verwaltungsrat den gleich dreifachen Abschied des einzigen italienischen Autobauers von seiner Heimat.

Der administrative Hauptsitz des Unternehmens soll künftig in Amsterdam angesiedelt sein, steuerlich wird Fiat in Großbritannien residieren, und die Aktien sollen künftig an der New Yorker Börse notieren, während Mailand der Trostpreis des „Zweithandelsplatzes“ bleibt.

Die Entscheidung, der ja immerhin im Firmenlogo unter dem vierten Buchstaben geführten Heimatstadt Turin nach 115 Jahren den Rücken zu kehren, lag in der Luft: Anfang Januar hatte die italienische Firma den US-Autobauer Chrysler komplett übernommen; damit entstand ein Konzern, der weltweit mit 4,4 Millionen produzierten Fahrzeugen auf Platz sieben der Automobilhersteller rangiert und der am Mittwoch auf den neuen Namen Fiat Chrysler Automobiles getauft wurde.

Ein globaler Konzern allerdings, in dem der Standort Italien zweitrangig geworden ist. Chrysler erwirtschaftete im Jahr 2013 satte Gewinne, Fiat dagegen etwa 900 Millionen Euro Verlust. In den italienischen Fabriken selbst werden nur noch gut 300.000 Fahrzeuge pro Jahr gefertigt; das Gros auch der Fiat-Autos wird mittlerweile in Polen, Serbien oder Brasilien zusammengeschraubt. Im Turiner Stammwerk Mirafiori, das in Glanzzeiten über 80.000 Menschen beschäftigte, werkeln heute nur noch 5.000 Arbeiter – meistens schoben sie in den letzten Jahren Kurzarbeit. Ähnlich sieht es an den anderen italienischen Standorten aus.

Entsprechend groß ist jetzt die Sorge unter italienischen Gewerkschaftern, dass das Licht in Turin völlig ausgeht. Doch Fiat-Chef Sergio Marchionne und sein Management wiegeln ab, als sei der Wegzug aus Turin nur eine Formsache. So heißt es, natürlich werde Fiat weiter in Italien Steuern zahlen. Italiens größte Tageszeitung, Corriere della Sera, Hauptaktionär: Fiat, behauptete gar, die Steuerzahlungen in Italien würden sich auf keinen Fall vermindern. Eben darum geht es aber beim Umzug nach London.

Auch die Öffnung des neuen Hauptverwaltungssitzes in Amsterdam für Fiat-Chrysler ändert angeblich nichts daran, dass in Turin vorerst das operative Hauptquartier für Fiat ebenso verbleibt, wie Chrysler von Detroit aus geführt wird. Doch eine Bestandsgarantie für die Zukunft Turins sprach Marchionne nicht aus. MICHAEL BRAUN