Unesco mag nur alte Brücken

Nicht nur in Dresden bringt eine Brücke den Status als Weltkulturerbe ins Wackeln. Auchin Regensburg droht eine Brücke das frisch erworbene Unesco-Zertifikat zu gefährden

REGENSBURG taz ■ Vor einer Woche erst ist die Altstadt von Regensburg als Weltkulturerbe anerkannt worden, doch schon wird diskutiert, ob Verkehr und Denkmalpflege in der Donaustadt überhaupt miteinander vereinbar sind. Im Mittelpunkt steht die Steinerne Brücke, die mit 860 Jahren älteste Brücke dieser Bauweise in Deutschland.

Für den Individualverkehr ist sie bereits gesperrt, nur Stadtbusse und Rettungsdienste dürfen sie befahren. Aber es ist möglich, dass auch diese Fahrzeuge die historische Donau-Überquerung zu stark belasten und deshalb nicht mehr benutzen dürfen – und damit eine neue Brücke in der Nähe notwendig wird. Dann würde zwar alles wieder rollen, aber der historische Blick auf Regensburg wäre gründlich ruiniert, mit Folgen für den Status als Weltkulturerbe, wie Denkmalpfleger Giulio Marano gegenüber der taz erklärt: „Um es ganz vorsichtig zu formulieren: Unserer Meinung nach wäre eine weitere Brücke im Stadtzentrum sicher nicht das Gelbe vom Ei.“

Es sind Worte von Gewicht, denn Marano ist Mitglied der Monitoring-Kommission des internationalen Denkmalpflege-Verbandes Icomos, der die Unesco in Fragen des Weltkulturerbes berät. Marano hat vor allem das Stadtbild im Blick: „Eine neue Brücke westlich der jetzigen wäre nicht ideal.“

Immer wieder hat der Regensburger CSU-Oberbürgermeister Hans Schaidinger bekräftigt, dass die Stadt „kein irgendwie verwaltetes Freilichtmuseum“ sei, sondern „ein lebendiges Gemeinwesen“ beherberge. Was das auch mit Blick auf die Wirtschaftsforderungen nach einer besseren Verkehrserschließung bedeutet, bleibt unklar. Konkret befragt, wiegelt man ab: „Noch ist nichts entschieden“, so Stadtsprecherin Martina Hempel zum möglichen Brückenneubau. „Fakt ist, dass wir Weltkulturerbe bleiben wollen.“

Von den Römern gegründet, ist Regensburg im Hochmittelalter ein wirtschaftliches und politisches Zentrum gewesen, neben der Steinernen Brücke verfügt es über weitere 1.400 Einzeldenkmäler. Und nicht nur bei der neuen Donaubrücke gibt es Diskussionen, auch ein Kultur- und Kongresszentrum in Altstadtnähe kommt immer wieder auf die Tagesordnung des Regensburger Stadtrats – auch das ist den Denkmalschützern ein Dorn im Auge. Dennoch ist sich Hempel sicher, dass Regensburg nicht die Fehler von Köln und Dresden wiederholt. Und doch gesteht sie ein: „Hochschaukeln können sich solche Fragen natürlich immer.“

Ebenso wie beim Kölner Dom und der Dresdner Altstadt. Beide stehen auf der Liste der 830 weltweiten Unesco-Kulturdenkmäler, und beide Orte könnten alsbald wieder gestrichen werden. „Köln ist zwar runter von der roten Liste der bedrohten Denkmäler“, erklärt Dieter Offenhäusser, stellvertretender Generalsekretär von Unesco Deutschland. „Aber wir werden uns vor allem die rechte Rheinseite weiter genau anschauen.“

Nur nach Vermittlung des Außenministeriums wollten die Kölner von ihren Hochhausplänen in Dom-Nähe ablassen, jetzt bauen sie höchstens 60 Meter hoch. Keine Entspannung gibt es dagegen in Dresden, das wie Regensburg über eine Brücke diskutiert. Sollten sich Stadt und Land an das Bürgervotum vom Februar 2005 halten und eine sechste Brücke über die Elbe errichten, droht Offenhäusser mit der Höchststrafe: „Dresden fliegt von der Liste, wenn sie mit dem Brückenbau beginnen. Das wäre das erste Mal in der Geschichte des Weltkulturerbes.“

Als Vorwarnung steht Sachsens Landeshauptstadt seit dem 11. Juli auf der roten Liste der Unesco, gemeinsam etwa mit den Überresten zweier Buddha-Statuen in Afghanistan und dem erdbebenzerstörten Bam in Iran.

MAX HÄGLER