Der spanische Reiter

Für seine liberale Haltung wird Spaniens Premier Zapatero von Berliner Schwulenverband geehrt

Neulich erst, angelegentlich des Besuchs von Papst Benedikt XVI. in Valencia, hatte er mal wieder gute Gründe geliefert, von der liberalen Welt als Idol gefeiert zu werden: Der spanische Ministerpräsident wurde gefragt, ob er beim katholischen „Weltfamilientreffen“ in der Mittelmeerstadt teilnehmen wolle. Aber José Luis Rodríguez Zapatero, sonst kein Verächter öffentlicher Auftritte, erwiderte nur knapp: „Das hat nichts mit mir zu tun.“

Der Vatikan und das konservative Spanien fächelten sich empört Luft zu: Der regierende Sozialist, 45 Jahre alt, Vater von zwei Töchtern und loyal mit Sonsoles Espinosa verheiratet, brüskiert die Moralwächter der Nation. Das tut er natürlich nicht ernsthaft, denn die Ausübung frömmelnder Prozessionen hat seine Regierung ja nicht mit Amtsantritt untersagt – aber den hochnäsigen Anspruch der Katholiken, allein zu wissen, was wohl und was weh für Spanien ist, beschnitten.

Seit 2004 amtiert Zapatero – und ist populärer denn je. Anders als andere sozialdemokratische Kanzler hat er allerdings seine Wahlversprechen im Bereich des „Gedöns“ (Schröder, als er noch Kanzler war) nicht gebrochen. Binnen weniger Wochen setzte seine Parlamentsmehrheit ein Gesetz zur rechtlichen Gleichstellung von Homosexuellen durch. Die Homoehe ist mit der klassischen Heteroehe seither in der juristischen Verbindlichkeit quasi identisch. Zapatero ließ sich von keinem Aufmarsch Konservativer einschüchtern. Warum auch? Die Homoehe war und ist gerade bei denen, die den Verklemmten und Intoleranten schon lange eins auswischen wollten, respektiert und Teil des liberalen Bewusstseins.

Der Berliner CSD e. V., die seit 2001 auf der Abschlussfeier der hauptstädtischen Queerparade ihre Zivilcouragepreise vergibt, ehrt dieses Jahr unter anderem diesen Politiker. Zapatero habe in einer Zeit, in der in aller Welt religiöse Fundamentalisten den Hass auf den Westen predigen, sich als wahrer Europäer erwiesen.

Der Ministerpräsident selbst kann zur Preisverleihung nicht reisen, er weilt bereits in den Ferien, aber, so hört man, wohl auch, um seine christlich-fundamentalistischen Gruppen verpflichtete Kollegin Angela Merkel nicht zu düpieren. Freudig hat er sich über die Auszeichnung doch gezeigt.

Übergeben wird sie heute in der Botschaft Spaniens im Berliner Tiergarten, also nicht auf deutschem Territorium. Spaniens Botschafter, D. Gabriel Busquets Aparicio teilte zuvor mit, dem Regierungschef sei die Verbesserung der Lebensbedingungen von Lesben, Schwulen, Transidenten und Bisexuellen „ein Herzensanliegen“, nicht nur eine Konzession an die liberalen Wählerschaften. JAN FEDDERSEN