Beitragsfrei schon ab zwei Jahren

KITA-GEBÜHREN Rheinland-Pfalz in der Vorreiterrolle. Die Union spricht von einer Mogelpackung

MAINZ taz | Als erstes Bundesland bietet Rheinland-Pfalz ab dem Stichtag 1. August auch für Kinder ab dem zweiten Geburtstag beitragsfreie Kitaplätze an. Wie Bildungs- und Jugendministerin Doris Ahnen (SPD) gestern im südpfälzischen Harxheim erklärte, profitierten damit jetzt alle Kinder zwischen zwei und sechs Jahren von den Bildungs- und Erziehungsangeboten der Kindergärten des Landes, ohne dass die Eltern dafür finanziell belastet würden. Das sei ein wichtiger Schritt hin zu mehr Chancengleichheit im Bildungssystem, sagte Ahnen. Wegen der Gebührenfreiheit für alle Altersstufen würden die Eltern in Rheinland-Pfalz im Durchschnitt rund 800 Euro im Jahr sparen.

Für Rheinland-Pfalz entstehen erhebliche Mehrkosten: 78 Millionen Euro für die Beitragsbefreiung im laufenden Haushaltsjahr, für 2011 voraussichtlich 89 Millionen Euro. Dazu kommen 368 Millionen Zuschüsse für den Betrieb von Kindertagesstätten. Und 61 Millionen Euro musste das Land für den Bau und die Ausstattung der Plätze für die unter Dreijährigen aufbringen.

Mit der Beitragsbefreiung auch für die Zweijährigen, die mit einem Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz verbunden ist, habe das Land jetzt seine „Vorreiterrolle auf dem Bildungssektor erneut untermauert“, freute sich Ahnen, die darauf hinwies, dass ab 2013 bundesweit auch der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Kleinkinder ab der Vollendung des 1. Lebensjahres garantiert werden müsse. Das Angebot für die Zweijährigen sei deshalb nur ein „Zwischenschritt“. Rund 23.000 Plätze in Kindertagesstätten für Kinder unter drei Jahren sind in Rheinland-Pfalz nun genehmigt.

Die oppositionelle Union sprach allerdings von einer „Mogelpackung“, denn nur Kinder, die am Stichtag 1. August schon zwei Jahre alt seien, hätten einen Rechtsanspruch auf einen beitragsfreien Platz. Alle anderen dagegen, die erst nach dem Stichtag zwei Jahre alt würden, nicht. Deren Eltern müssten für einen Kindergartenplatz für ihre Sprösslinge weiter zahlen.

Die bildungspolitische Sprecherin der Landtagsfraktion der CDU, Bettina Dickes, meint, dass die Kindertagesstätten im Lande durch immer neue Programme der Regierung Kurt Beck (SPD) „überfordert“ würden.

Andere Ländern scheitern schon an der Frage nach der Aufbringung der Kosten für die garantierte Beitragsfreiheit in den Kindergärten für nur eine Jahrgangsstufe. Ein erodierender Landeshaushalt zwingt etwa die Regierung von Schleswig-Holstein dazu, sich von der Beitragsbefreiung für das dritte Kindergartenjahr – von Plätzen für Zweijährige ganz zu schweigen – wieder zu verabschieden. Und auch das Saarland wird sich wegen der Haushaltslage wohl von der Beitragsfreiheit für das dritte Kindergartenjahr verabschieden. KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT