Kinder sind die besseren Forscher

Das „Offene Forscheratelier“ im Universum lädt Kinder in den Ferien zum Experimentieren und Entdecken. Warum wir auch mal von unseren Kindern lernen können, erklärt Kerstin Haller, wissenschaftliche Leiterin des Universums, im taz-Gespräch

Interview: Delf Rothe

Haben Sie sich schon immer gefragt, warum Sie manchmal doppelt sehen? Fragen Sie doch mal Ihre Kinder. Die können ab Montag im „Offenen Forscheratelier“ des Universums ihre eigenen Sinne entdecken. Die taz unterhielt sich mit Kerstin Haller über kleine Nachwuchsforscher, die Faszination des Alltäglichen und über schwebende Würstchen, die man auch bei sich zuhause sehen kann.

taz: Frau Haller, welche Idee steht hinter dem „Offenen Forscheratelier“?

Haller: Mit dem Atelier geht es uns darum, die Phänomene, die wir in unserer Dauerausstellung sehr spektakulär darstellen, an Alltagsgegenständen erfahrbar zu machen – mit kleineren Experimenten. Die können die Kinder dann zu Hause mit Eltern oder Freunden auch nochmal versuchen.

Wann und von wem kann das Angebot in Anspruch genommen werden?

Das Atelier steht allen unseren Besuchern in den Sommerferien offen, richtet sich aber insbesondere an Kinder zwischen sechs und zwölf Jahren. Geöffnet ist es montags bis freitags von 12 bis 16 Uhr.

Haben die Experimente ein spezielles Thema?

Die Experimente orientieren sich an den Themenbereichen unserer Hauptausstellung. In den ersten beiden Wochen geht es um das Thema Mensch. Hier können die Kinder ihre eigenen Sinne kennen lernen: Warum habe ich zwei Ohren? Kann ich einen Millionstel Millimeter ertasten? Wie sind Düfte mit der Erinnerung verknüpft? In der dritten und vierten Woche steht dann unsere Erde im Mittelpunkt. Hier wollen wir Experimente mit Steinen und Sand durchführen. Die letzen zwei Ferienwochen drehen sich um das Thema Kosmos.

Haben Sie die Versuche geprobt, damit sie mit den Kindern verlässlich funktionieren?

Das sind alles Dinge, die wir schon kennen und in anderen Situationen erprobt haben. Da es um Wahrnehmung geht, ist es nie sicher, dass sich der gewünschte Aha-Effekt immer einstellt. Dafür haben wir aber unsere Scouts, die vor Ort den Kindern zur Seite stehen.

Wie kann man sich die Versuche vorstellen?

Halten sie doch mal beide Zeigefinger mit den Spitzen aneinander direkt vor ihre Augen. Jetzt fokussieren Sie nicht die Finger, sondern den Hintergrund. Nun sehen Sie zwischen Ihren Fingern ein kleines Würstchen schweben. Wenn Sie die Augen abwechselnd schließen, hüpft der Finger quasi hin und her. Jedes Auge liefert uns ein eigenes Bild. Aus diesen unterschiedlichen Bildern setzt unser Hirn ein dreidimensionales Ganzes zusammen. Das schwebende Würstchen zwischen den Fingern ist also eine Täuschung Ihres Gehirns, wenn die einzelnen Bilder zusammengesetzt werden.

Was ist das Besondere daran, Experimente mit Kindern durchzuführen?

Kinder sind im Grunde die geborenen Forscher, weil sie intuitiv alles ausprobieren. Und sie haben die Fähigkeit das Erlebte schnell mit der eigenen Erfahrungswelt zu verknüpfen. Außerdem kommunizieren sie sehr viel und gerne. Das heißt, alle Faktoren, die nach Erkenntnissen der Neurodidaktik wichtig für das Lernen sind, beherrschen Kinder intuitiv. Da könnten wir Erwachsenen eigentlich auch mal etwas von den Kindern lernen.

Wie schafft man es, Menschen für Physik oder Biologie zu begeistern?

Das Besondere ist die induktive Vorgehensweise. Das heißt, der Ausgangspunkt des Forschens ist die selbst gemachte Erfahrung. Erst mal darf man ausprobieren und staunen. Das weckt unser Interesse, sich auch mit den naturwissenschaftlichen Hintergründen zu beschäftigen. Oft stellt sich dann ein Aha-Effekt ein, weil wir die Phänomene mit unserer Erfahrungswelt verknüpfen können.