Bremen bekommt neue Seiten

Ab Oktober soll es wöchentlich die „neue bremer zeitung“ geben. Gesucht werden noch 250.000 Euro Startkapital. Vom Ende der „Göttinger Wochenzeitung“ haben die Macher mit Sorge gehört

Von Klaus Wolschner

Es gab einmal Zeiten, in denen fast jede größere Stadt ihre Wochenzeitungs-Initiative hatte. Das Bielefelder StadtBlatt brachte es auf fast 25 Jahre, musste dann Konkurs anmelden, Kiel hatte seine Rundschau, Hamburg auch. Göttingen bekam 2005 seine Wochenzeitung, die kürzlich Insolvenz anmeldete. Nur Bremen hat die Erfahrung bisher nicht gemacht – der Optimismus für eine neue Wochenzeitung ist daher ungebrochen.

Seit dem 7. Juli wird die erste Nullnummer der neuen bremer zeitung verteilt. Eine Wochenzeitung im Berliner Format soll es werden, 20 Seiten stark, mehrfarbig gedruckt, blau ist offenbar die Hausfarbe. „Wir hoffen, dass wir keine zweite Nullnummer machen müssen“, sagt Zeitungsgründer Alexander Schnackenburg: Ab Oktober soll das Blatt wöchentlich erscheinen.

Bis dahin müssen 250.000 Euro Startkapital gesammelt werden, in den ersten zehn Monaten will die Zeitungsinitiative dann 2.000 bis 3.000 Abonnements zusammen haben, damit das Projekt eine „schwarze Null“ in der Bilanz schreibt. So jedenfalls sieht es der Businessplan vor, den Schnackenburg als Existenzgründer bei der kommunalen „Bremer Innovations-Agentur“ (BIA) eingereicht hat.

20.000 Euro Startgeld bekam der Journalist von der BIA, die damit zunächst sein Projekt einer Internetzeitung www.alpha-bremen.de förderte. Nachdem klar wurde, dass für eine lokale Internetzeitung kaum jemand Geld ausgeben würde, sattelte Schnackenburg um und nahm den Journalisten Jens Fischer als Partner mit ins Boot. Die Wirtschaftsförderer gingen mit.

„Niveauvollen, seriösen Journalismus“ wolle die neue bremer zeitung bieten, kündigt die Nullnummer an. Zielgruppe sind die Leser überregionaler Zeitungen, denen das Lokale fehlt. Nach den Begrifflichkeiten des Soziologen Gerhard Schulze wären das das „Niveau-Milieu“ und die „Selbstverwirklicher“, hat Schnackenburg in den Businessplan geschrieben.

120 Euro im Jahr soll das Abo kosten: Nach einem Jahr müssen mehr als 30.000 Euro jeden Monat in die Kasse kommen, damit die Kalkulation aufgeht. „Der Bremer Medienmarkt hat sich derart verschlechtert, dass diese Lücke immer größer geworden ist“, sagt Schnackenburg. Um die notwendige Zahl an Käufern zu erreichen, soll das Blatt „nicht eine linke Szene bedienen“, sondern offen sein für alle politischen Farben. „Unglücklich“, sagt Schnackenburg, sei daher der Eindruck der Nullnummer, in der der linke Bremer Ökonom Wolfgang Elsner breit interviewt wurde, während der frühere Staatsrat Günter Dannemann daneben nur in einer Spalte zu Wort kommt. Unglücklich sei auch die Titelgeschichte, die Zweifel an der „Metropolregion Bremen-Oldenburg“ formuliert. Darauf habe er viel kritische Resonanz bekommen, sagt Schnackenburg. Das soll so nicht bleiben, gerade in den Wahlkampfzeiten, in denen das Blatt starten will, soll mehr Offenheit gezeigt werden: Ein dritter Redaktionskollege soll dazukommen, wenn das Blatt wöchentlich startet – „das darf nicht so ein linker Vogel sein wie ich“, scherzt Schnackenburg.

Mit Sorge haben die Bremer Zeitungsgründer vom vorläufigen Ende des Göttinger Wochenzeitungsprojektes gehört: Die dortige Genossenschaft hat gerade vor einer Woche Insolvenz angemeldet. Nur 50.000 Euro hatte die Gründungs-Initiative zusammen bekommen, und nach fünf Monaten stagniert die verkaufte Auflage bei gerade mal 1.000 Stück. Das Genossenschaftskapital ist weg, die Verkaufserlöse reichten bei weitem nicht.

Die Bremer Gründer wissen das und haben deutlich höhere Zahlen im Plan: In Göttingen konnte man mit 100 Euro in der Genossenschaft dabei sein. In Bremen aber, sagt Schnackenburg, werden Geldgeber gesucht, die mit 10.000 oder 50.000 Euro ins Risiko gehen. Falls die nicht bis Oktober gefunden sind, wird der Start verschoben.