Die Wiederanfänger

„Welt“-Chefredakteur Roger Köppel kommt seiner Komplettentmachtung zuvor und wechselt zurück in die Schweiz. Nachfolger wird Thomas Schmid von der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“

Von Hannah Pilarczyk

„Start agaaaaaiiiiiiinnnnn!!!!!!!“, hieß es gestern in der Welt. Das schrieb zwar ZDF-Moderator Cherno Jobatey über ein Billy-Idol-Konzern. Doch passt es auch sehr schön zu dem Wechsel an der Spitze der Welt, den der Springer-Verlag gestern verkündete: Chefredakteur Roger Köppel kehrt zum 1. Oktober zur Züricher Weltwoche zurück, wo er vor seinem Umzug nach Berlin vor zwei Jahren bereits in selber Position tätig war. Sein Nachfolger wird Thomas Schmid, auch er ein Wiederanfänger: Von 1998 bis 2000 arbeitete Schmid bereits als Leiter des Meinungsressorts bei der Welt. Danach wechselte er zur Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung, wo er zuletzt das Politikressort verantwortete.

„Roger Köppels Ausscheiden bedauere ich sehr, denn er hat den Modernisierungsprozess der Welt und deren publizistische Profilierung weiter vorangetrieben“, kommentierte Mathias Döpfner gestern den Vorgang. Doch es dürften Krokodilstränen gewesen sein, die der Vorstandsvorsitzende von Springer da vergoss: Denn mit der Einrichtung von Zentralredaktionen im Hause Springer, wie sie unter dem gleichzeitigen Zeitungsvorstand Döpfner forciert wird, ging auch eine schleichende Entmachtung Köppels einher.

Vor rund einem Monat gab Springer bekannt, dass zu den ohnehin schon zusammengelegten Redaktionen von Welt und Berliner Morgenpost nun auch das Wirtschafts- und das Politikressort der Welt am Sonntag (WamS) hinzukämen. Nun sind in den fusionierten Großressorts die Welt/Morgenpost-Redakteure zwar rein mengenmäßig in der Überzahl – und stellen auch die Doppelspitze des Wirtschaftsressorts. Doch die neuen Großressortleiter berichten direkt an die Chefredakteursrunde der so genannten blauen Gruppe bei Springer – und bei der hat WamS-Chefredakteur Christoph Keese das Sagen. Dass Köppel da nicht mehr viel zu melden hätte, war eigentlich offensichtlich. Ohnehin nicht mit nennenswertem Rückhalt der Redaktion ausgestattet, machte sich Köppel wohl auf die Suche nach einer Alternative und fand sie in der alten Schweizer Heimat mit der Weltwoche. „Dieser Schritt markiert für mich einen neuen Lebensabschnitt“, sagte er gestern zu seinem Wechsel – und fügte, fast drohend, hinzu: „Es gibt kein zweites Blatt in der Schweiz, das derart journalistisch, inhaltlich geführt werden wird.“

Dass man ihn bei der Weltwoche nun nicht nur als Chefredakteur zurücknimmt, sondern ihm auch die Aktienmehrheit der in Gründung befindlichen Weltwoche Verlags AG anvertraut, überrascht: Köppels Arbeit als Chefredakteur ist sowohl in Zürich als auch in Berlin von Rückschlägen gekennzeichnet. Bei der Weltwoche reüssierte der studierte Philosoph und Historiker zwar zunächst mit der Umstellung der Wochenzeitung aufs Heftformat. Doch sein Einschlagen auf den Rechtsaußenkurs des Populisten Christoph Blocher kostete nicht nur Ansehen, sondern auch massiv Auflage.

Und auch bei Springer konnte sich Köppel mit seinem Konzept der Welt als rechtskonservativer Wundertüte, aus der er gern auch einen schlauen Gedanken, meist aber nur stupiden Krawall herauszauberte, nicht durchsetzen. Im Gegenteil: Viele sehen in der ideologisch und intellektuell völlig entschlackten Welt kompakt das Erfolgsmodell der Zukunft. Manche meinen sogar, dass von Welt, Morgenpost und Welt kompakt am Ende nur die kleine „Zeitung to go“ übrig bleiben könnte.

Bis es so weit kommt, leitet erst einmal Thomas Schmid die Welt. Politisch nicht besonders weit von Köppel entfernt, erwartet man von dem 60-Jährigen dennoch einen völlig anderen Führungsstil. Der gute Ruf stammt vor allem aus seiner Zeit als Leiter des Meinungsressorts, wo er als besonnener Kollege auftrat. Krawalliges wie die von Köppel verantwortete Seite 1 mit den Mohammed-Karikaturen wird man unter Schmid nicht erleben. Eine Welt, die endlich mal schwarze Zahlen schreibt, allerdings wohl auch nicht.