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Jörg Sundermeier sichtet die soziale Bewegung in der Stadt

Noch immer ist hochsommerliche Ruhe angesagt, die Bienen brummen, die Ackerfrau schwinget hitzegebeugt die Sense, der Tourist trinkt durstgeplagt ganz Kreuzberg leer. Doch heute Abend hat es eine kleine Ausnahme davon, denn im Vetomat sitzen die Nerds im Nerd-Café beieinander und reden über Verschlüsselung, Linux und andere liebliche Freuden des Sommers. Am Mittwoch wird in der Scherer8 ein süß-naiver Aktivismus dargestellt, „Sarah, Shane and Josh“ nämlich sind keine Folkband, sondern drei US-Bürger_innen, die nach dramatischen Friedenseinsätzen in Darfur, Mexiko, Palästina und Irak auch den Iran beglücken wollten, dort aber gleich eingesperrt wurden, und dies fast ein Jahr lang. Was lernt uns das, fragen wir nun also mit dem alten Antiimperialisten Ulbricht, und merken: nix. Das Trio jedenfalls wird berichten und danach weiter Frieden stiften gehen. Süß-naiv, wie gesagt. Auch in der Zielona Gora wird eine antiimperialistische Frage gestellt, diese nämlich: „Chavismus und Zapatismus – linke Perspektiven?“ Helge Buttkereit, der darüber gleich ein Buch geschrieben hat, überlegt, inwieweit die „bolivarianische Revolution in Venezuela“ und die EZLN – die er einfach in einen Topf wirft – auch hier machbar wären. Zu Chávez’ Möglichkeiten nur Folgendes – der österreichische Chávez, Jörg Haider, hätte es fast geschafft in Europa. Der Vergleich hinkt? Der Vergleich von EZLN und dem machtgeilen Autokraten Chávez ja wohl auch. Und wenn schon sommerliche Unterhaltung, denn schon: In der Tristeza treten schließlich am Donnerstag Schlotzen&Kloben auf, das heißt Spaß, Spannung – und eine wirklich brauchbare emanzipatorische Haltung. Besser als alter Käse aus dem nicht verstandenen Lenin-Seminar ist’s allemal, und viel, viel besser als schlechte Kabaretts dann sowieso. Empfehlung.

■ Nerdig: Vetomat, Scharnweberstr. 35, Mo., 18 Uhr

■ Süß: Scherer8, Schererstr. 8, Mi., 20 Uhr

■ Wirr: Zielona Gora, Grünberger Straße 73, Mi., 20 Uhr

■ Unterhaltsam: Tristeza, Pannierstr. 8, Do., 20 Uhr

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