STEPHAN KOSCH ÜBER DIE ÖLBRANCHE: Die Dinos fesseln
Egal, ob BP seine Aral-Tankstellen in Deutschland nun tatsächlich verkauft oder nicht – dass darüber offen spekuliert wird, zeigt, wie sehr der Konzern durch die von ihm ausgelöste Ölpest im Golf von Mexiko in Bedrängnis geraten ist. Rund 25 Milliarden Euro hat BP zur Seite gelegt, um die durch das leckende Bohrloch anfallenden Kosten bezahlen zu können. Dieses Geld will er unter anderem durch Verkäufe von Unternehmensbeteiligungen und Lizenzen hereinholen.
Doch der Untergang der Deepwater Horizon ist mehr als ein Bilanzproblem bei BP. Er wird die gesamte Branche verändern. Zunächst werden sich die Machtverhältnisse zwischen den Unternehmen verschieben. Denn als mögliche Käufer für das Tafelsilber von BP werden immer wieder die anderen Ölkonzerne genannt, die in dieser Woche erneut Milliardengewinne verbuchten. Möglicherweise gewinnt die russische Rosneft an Bedeutung, Saudi-Arabien dürfte als potenzieller Geldgeber noch mächtiger werden, und auch Shell, Exxon und Total reiben sich die Hände. Die industriellen Dinosaurier des Ölzeitalters werden noch ein wenig wachsen – und sich dann um die immer schwerer zu erreichenden Ölquellen streiten.
Dabei droht ein mächtiger Kollateralschaden. Denn die stampfenden Füße von kämpfenden Dinos zermalmen leicht intakte Natur und die Rechte von Indígenas. Hier bedarf es strenger staatlicher Kontrolle. Die Härte, mit der die US-Regierung BP an die Kandare nimmt, ist in all dem Desaster ein positives Zeichen. Auch Norwegen hat bereits reagiert und will vorerst keine weiteren Tiefseebohrungen genehmigen. Dieser strengere Umgang mit den Ölkonzernen darf nicht nur eine vorübergehende Erscheinung bleiben – eine große Herausforderung für Verfechter einer zukunftsfähigen Energiepolitik. Doch ihre Chancen sind gestiegen.
Wirtschaft + Umwelt SEITE 8
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