Hoffnung für die HRE-Anleger

AUFARBEITUNG Aktionäre der Hypo Real Estate verlangen Schadenersatz für ihre Verluste aus dem Beinahe-Kollaps der Bank

Die Veröffentlichung „war wesentlich zu optimistisch“

RICHTER GUIDO KOTSCHY

AUS MÜNCHEN TOBIAS SCHULZE

Anleger und Aktionäre hatten Milliarden verloren, als die Immobilienbank Hypo Real Estate (HRE) 2008 beinahe zusammenbrach und notverstaatlicht werden musste. Nun macht ihnen das Oberlandesgericht München Hoffnung, dass sie einiges von ihrem Geld wiedersehen könnten. Am Montag begann ein Schadenersatzprozess, der als richtungsweisend gilt. In einer Musterklage, die der Rechtsanwalt Andreas Tilp vertritt, heißt es, die Bank habe den Anlegern ihre wirtschaftliche Schieflage zu lange verheimlicht. Beim Prozessauftakt kamen die Richter nun zur vorläufigen Einschätzung, dass die Bank ihre Aktionäre getäuscht haben könnte.

Die HRE musste 2008 mit Steuergeldern in Milliardenhöhe gerettet werden. Seit 2009 gehört sie dem Bund, weshalb das Finanzministerium das Verfahren genau beobachten wird: Spricht das Gericht den Klägern Schadenersatz zu, würde das im Endeffekt erneut die Steuerzahler belasten.

Ausgangspunkt der aktuellen Klagen war ein riskanter Kauf der HRE im Jahr 2007. Für 5 Milliarden Euro übernahm sie damals die irische Pfandkreditbank Depfa. Diese geriet wenig später in massive Schwierigkeiten und riss die HRE fast mit in den Abgrund. Erst am 15. Januar 2008 gab der Vorstand überraschend hohe Belastungen bekannt. Bis dahin hatte die Bank als ein vertrauenswürdiges und sicheres Unternehmen gegolten, nun brach ihre Aktie um mehr als ein Drittel ihres Werts ein.

Die Kläger werfen dem Institut vor, viel früher von den Problemen gewusst und sie den Anlegern verschwiegen zu haben. Die Bank-Manager bestreiten das. „Nach Überzeugung der HRE war die Kommunikation zu jedem Zeitpunkt angemessen“, sagte ein Sprecher.

Die HRE-Anwälte werden es jedoch schwer haben, das Gericht von ihrer Sicht der Dinge zu überzeugen. Der Vorsitzende Richter Guido Kotschy nannte eine Pressemitteilung der Bank aus dem Sommer 2007 am Montag „wesentlich zu optimistisch“. Gleichzeitig kündigte er eine mühsame Beweisaufnahme an. „Es kommt sicherlich auf einige Einzelheiten an“, sagte er.

Am Donnerstag wird der ehemalige HRE-Chef Georg Funke vor Gericht erscheinen. Seine Aussage wird mit Spannung erwartet. Nach dem Debakel seiner Bank verließ er Deutschland, seitdem lebt er auf Mallorca.

Theoretisch droht ihm aufgrund der riskanten Geschäfte auch noch ein Strafprozess, denn die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Untreue gegen den ehemaligen Manager. Allerdings berichtet die Süddeutsche Zeitung, dass die Ermittler diesen Vorwurf wohl fallen lassen würden.

Die Folgen der Finanzkrise beschäftigen die Gerichte derzeit auch in anderen Fällen. Vor dem Landgericht München begann im Januar ein Strafprozess gegen ehemalige Vorstände der Bayerischen Landesbank. Auch ihnen wird Untreue im Zusammenhang mit riskanten Geschäften vorgeworfen.