Starker Staat und niedrigere Preise

TELEKOMMUNIKATION Die Telekom ist immer noch Monopolist: Warum herrscht trotzdem mehr Konkurrenz als auf dem Strommarkt?

BERLIN taz | Staatliche Regulierung hat auf dem deutschen Telekommunikationsmarkt seit den neunziger Jahren nachhaltige Spuren hinterlassen: In der zurückliegenden Dekade sank der durchschnittliche Preis für ein eine Minute langes Telefonat von über 30 auf unter 2 Cent. Der Preisverfall ist jedoch nicht allein die Folge eines starken Staates, sondern auch wechselwilliger Verbraucher und eines Monopols.

Der T-Markt ist anders, wenngleich aus Sicht der Regulierungsbehörden nicht einfacher strukturiert als der Strommarkt: Dort haben die vier großen Spieler, RWE, Eon, die schwedische Vattenfall und die französische EnBW, jeweils regionale Claims abgesteckt. Bundesweit hat die Bundesnetzagentur immer mit mindestens vier Kontrahenten zu tun. Dagegen dominiert im Kommunikationsbusiness nach wie vor ein einziger Akteur: Deutsche Telekom. Ihr gehören die meisten Netze und Leitungen – die Hardware. Das macht es der Netzagentur sogar einfacher, nicht zuletzt, weil neue Konkurrenten für die Telekom auch der Behörde Druck machen.

Der Regulierungsbehörde ist es gelungen, die T-Netze für Konkurrenten weitgehend „diskriminierungsfrei“ zu öffnen und mehr oder weniger faire Preise für die Nutzung der Telekom-Hardware durchzusetzen. Da die Netze der eigentliche Kostenfaktor sind, die Inhalte – anders als der teure Strom – aber von den Konsumenten oder dem Internet nahezu umsonst bereitgestellt werden, ist die Wirksamkeit der Bonner Bundesnetzagentur für die Verbraucher ungleich segensreicher als beim Strom.

Dazu begünstigen technische Entwicklungen einen Wettbewerb, der lange über niedrigere Preise ausgetragen wurde. Mit der zunehmenden Bedeutung des Handys und dem Aufbau flächendeckender Mobilfunknetze wurde das Hardware-Monopol der Deutschen Telekom von der britischen Vodafone, der spanischen O2 und der niederländischen E-Plus geknackt. Der Marktanteil der Telekom bei Handys liegt mittlerweile bei unter 40 Prozent. Zudem ist die Wechselbereitschaft der oft jugendlichen Verbraucher weit größer als beim Strom. Das beflügelt den Wettbewerb und lässt die Preise purzeln.

Doch auch in der Telekommunikation nutzen die Oligopole Kapital und Marktmacht für lukrative Extraprofite: Die Preise hierzulande sind (noch) höher als in Großbritannien, Frankreich und den USA. Außerdem warten Millionen Bürger in der deutschen Provinz bislang vergeblich auf schnelle Internetanschlüsse. Abhilfe will hier die Bundesregierung mit einer „Breitbandstrategie“ schaffen: Milliardenschwere Subventionen von Bund, Ländern und Kommunen sollen den Ausbau der Infrastruktur für die Konzerne lukrativ machen.

Die Verbraucherzentralen wünschen sich weitere preissenkende Regulierungsschritte, etwa beim mobilen Datentransfer oder bei Anrufen vom Festnetz ins Mobilfunknetz. Dabei ist auch die Politik gefordert, denn die Netzagentur kann nur so gut regulieren, wie es das Telekommunikationsgesetz zulässt.

HERMANNUS PFEIFFER