Ungesunder Gesundheitsfonds

In Hamburg demonstrierten Krankenkassenbeschäftigte aus ganz Norddeutschland gegen die Gesundheitsreform. Ver.di: Einstieg in die CDU-Kopfpauschale, mehr Ungerechtigkeit, 25.000 Arbeitsplätze in Gefahr

Rund 3.500 Beschäftigte der gesetzlichen Krankenkassen in Norddeutschland haben gestern nach Angaben der Polizei in der Hamburger Innenstadt gegen die Eckpunkte der Gesundheitsreform demonstriert. Sie folgten einem Aufruf der Gewerkschaft ver.di. Im Mittelpunkt der Kritik stand die Einführung des „Gesundheitsfonds“. Der sei nicht nur der versteckte Einstieg in die „Kopfprämie“, um die CDU und CSU lange gerungen hatten, sondern gefährde bundesweit rund 25.000 Arbeitsplätze bei den Krankenkassen.

Aus Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein waren Versicherungsangestellte angereist. Schon mit der Teilnahme am Protest haben sie sich gegen die Bundesregierung gewandt: Nachdem die Spitzenverbände der Kassen vorige Woche angekündigt hatten, Ende August eine Informationskampagne zur Gesundheitsreform zu starten, hatte der Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium, Klaus Theo Schröder (SPD), diese als „Agitation“ diffamiert und mit aufsichtsrechtlichen Schritten gedroht. „Das können sich vielleicht Herr Putin oder die Machthaber in China leisten, aber nicht eine deutsche Bundesregierung“, hielt der Hamburger ver.di-Landesbezirksleiter Wolfgang Rose dem Gesundheitsministerium vor. Die Bevölkerung müsse dringend darüber aufgeklärt werden, dass die geplante Gesundheitsreform „Mehrbelastungen, mehr Ungerechtigkeit, mehr Arbeitsplatzunsicherheit“ bringe.

Ihre Arbeitsplätze sehen die Beschäftigten der Krankenversicherungen durch den Gesundheitsfonds in Gefahr. Zum einen verlieren die Kassen durch diesen die Macht über ihre Beiträge – die werden einheitlich festgesetzt. Zu anderen soll der künftige Beitrag zentral durch eine neue staatliche Stelle von den Versicherten eingezogen werden – eine Aufgabe, die zurzeit von rund 25.000 Kassenbeschäftigten ausgeübt wird. „Die Gesundheitsreform ist kein Durchbruch, sie ist ein Zusammenbruch der gesetzlichen Krankenversicherungen“, warnte Isolde Kunkel-Weber, Mitglied im ver.di-Bundesvorstand.

Einen sachlichen Grund, der die gewaltige Umstrukturierung rechtfertigen könnte, gebe es nicht. Das bisherige Verfahren zum Beitragseinzug habe sich über Jahre bewährt. Kurzfristig sei die Umstellung ohnehin nicht möglich – wolle man ein Durcheinander verhindern, wie man es bei der Zusammenführung von Sozial- und Arbeitslosenhilfe erlebt hat. ee/nl