Müllwerker wollen zurück zur Stadt

ABFALL-ORGANISATION Die Bremer Müllabfuhr soll rekommunalisiert werden, sagt die Gewerkschaft Ver.di. Das wäre auch für Bremen von Vorteil, findet der Gutachter Ernst Mönnich von der Hochschule

Bei einer Rekommunalisierung würden fünf Millionen Euro Umsatzsteuer gespart, sagt Gutachter Mönnich

Anfang dieses Jahres sind die Müllgebühren erhöht worden – wenn die Gebührenzahler gewusst hätten, wie viel Gewinn die private Entsorgungsfirma ENO mit dem Müll macht, hätte es vielleicht Proteste gegeben, sagt der Betriebsratsvorsitzende der ENO, Kurt Abeler. Aber die Gewinne der ENO sind streng gehütetes Betriebsgeheimnis. Bei der Privatisierung der Müllentsorgung vor 15 Jahren hat die Kommune Bremen versäumt, sich das Recht vorzubehalten, den Gebührenzahler darüber Rechenschaft abzugeben, wo deren Geld bleibt.

Auch ist in dem Vertrag nicht geregelt, was passiert, wenn im Jahre 2018 der Vertrag mit der 1998 privatisierten Müll-Entsorgungsfirma ENO ausläuft. Seit langem schon wird bei der ENO niemand mehr neu eingestellt, die Altersstruktur liegt derzeit schon bei 52 Jahren. Neue Kollegen werden nur bei der Firma Nehlsen zu 20 Prozent geringeren Löhnen eingestellt.

Das Problem: Wenn die Stadt die Vergabe der Müll-Entsorgung ausschreibt, könnte die ENO kaum ein konkurrenzfähiges Gebot abgeben. Wenn aber ein anderer Anbieter, der nicht die alte ENO mitfinanzieren muss, ein günstigeres Angebot machen kann und die ENO Insolvenz anmelden muss, dann haben 300 ENO-Mitarbeiter ein Rückkehrrecht in den Öffentlichen Dienst der Stadt – „und ich werde der Erste sein“, erklärte gestern der Betriebsratsvorsitzende Abeler. Wenn die Stadt aber keine Müllabfuhr unterhält, hat sie von den Müllwerkern vor allem die Lohnkosten.

Was also tun im Hinblick auf das Jahr 2018? Im Juli 2013 hat der Senat einen offiziellen „Prüfauftrag“ an den zuständigen Umweltsenator gegeben. Gibt es wenigstens eine Problemskizze, Gutachteraufträge, Beschreibungen der möglichen Lösungen? „Bisher habe ich da nichts gesehen“, bekannte gestern der umweltpolitische Sprecher der SPD, Arno Gottschalk. Es werde an dem Thema gearbeitet, versicherte die grüne Umweltsprecherin Silvia Schön. Mehr konnte sie dazu auch nicht sagen.

Für den ENO-Betriebsrat, die Gewerkschaft Ver.di und Ernst Mönnich, den Experten der Hochschule Bremen, liegt die Lösung auf der Hand: Die Müllentsorgung müsse „rekommunalisiert“ werden. Keine Bremen vergleichbare deutsche Großstadt hat ihren Müll so komplett aus der Hand gegeben, erklärte Mönnich gestern. Er hat im Auftrag der Gewerkschaft ein Gutachten erarbeitet: Bei einer Rekommunalisierung würden allein rund fünf Millionen Euro Umsatzsteuer gespart, dazu Gewinne in unbekannter Höhe. Bei einem Umsatz von 60 Millionen Euro darf man die getrost mit mindestens fünf Millionen Euro annehmen. Wenn man allen Müllwerkern Tarif-Löhne zahlen würde, entstünden aber nur Mehrkosten von rund 1,3 Millionen. Für die Stadt wäre die Rekommunalisierung des Müllbetriebes also schon rein finanziell von Vorteil.

Dazu kommt die Möglichkeit, nach 20 Jahren wieder einen Zugriff auf die Entsorgungsstrategie zu bekommen – das wäre unter umweltpolitischen Gesichtspunkten ein großer Pluspunkt. Ver.di will im Wahlkampf auf die Parteien Druck machen.  KAWE