Überholen verboten

Wegen Dopingskandal bei der Tour de France: Landesregierung und NRW-Sportbund für Antidopinggesetze. Radsportverband und Rennveranstalter: Der Staat muss jetzt eingreifen

VON MATTHIAS HENDORF
UND MARTIN TEIGELER

NRW-Innenminister Ingo Wolf will härter gegen Dopingsünder vorgehen. „Wir müssen den Kampf gegen Doping konsequent fortsetzen“, sagte der FDP-Politiker gestern in Düsseldorf. Als Reaktion auf die positive Dopingprobe von Tour-de-France-Sieger Floyd Landis kündigte Wolf ein „Maßnahmenpaket“ an. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) forderte gestern ein Antidopinggesetz. Bislang gibt es in der BRD noch kein Gesetz gegen Leistungsmanipulation im Sport wie in anderen europäischen Staaten.

Wolf will „Schwerpunktstaatsanwaltschaften“ einrichten, die gegen Dopingsünder ermitteln sollen. Zudem tritt der Liberale für „eine vom Sport unabhängige Schiedsgerichtsbarkeit“ und für mehr Dopingkontrollen ein. NRW leitet seit 2003 die Arbeitsgruppe „Antidoping“ der Sportministerkonferenz.

„Ich war bislang gegen gesetzliche Regelungen“, sagt Hans-Jürgen Zacharias, Vizepräsident des Landessportbundes NRW. Jetzt müsse man einen „harten Kurs“ fahren. „Was bei der Tour de France offenbar geschehen ist, hat mich entsetzt“, sagt der für den Leistungssport zuständige Vizechef des NRW-Sportdachverbands. „Ich kann diese fahrenden Apotheken nicht mehr sehen“, sagt der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Landtagsgrünen, Reiner Priggen. Der Staat müsse „sehr rigide“ vorgehen, damit der Sport nicht „zerstört“ werde. Radsportsponsoren wie der Bonner Telekomkonzern müssten ihr Engagement überprüfen, falls sich nicht endlich etwas ändere, so Priggen.

Der Ruf nach staatlichem Eingreifen und strafrechtlicher Verfolgung kommt auch von der Sportbasis im Land. „Man müsste jetzt schärfere Gesetze einführen“, fordert Toni Kirsch, Präsident des Radsportverbands Nordrhein-Westfalen. Die Hoffnung auf eine Lösung innerhalb der Sportverbände hat er bereits aufgegeben. „Der Sport scheint es alleine nicht zu schaffen.“ In die gleiche Kerbe schlagen die Veranstalter der Showrennen, die jährlich nach der Tour stattfinden. „Die Dopingproblematik muss mit ins Strafrecht rein“, meint Uwe Hengstermann, Ausrichter der gestrigen City-Nacht Rhede. „Sonst verstehen die Profis das nicht.“

Auch Frank Schmitz, Leiter des Ratinger Rennes, würde ein Anti-Doping-Gesetz „unbedingt begrüßen“. Schmitz findet die momentane Dopingposse „nur noch peinlich“ und hofft, dass das Problem besser bekämpft werden kann. Doch Kirsch hat dies schon festgestellt. „Der Dopingsumpf weitet sich von oben bis nach unten aus.“ Die breite Basis des Sports in NRW ist also für eine Anti-Doping-Gesetzgebung.

Die in Bonn ansässige Nationale Antidopingagentur (NADA) fordert ein Bündel von Maßnahmen. „Wichtig ist eine Verschärfung des Arzneimittelgesetzes“, sagt NADA-Chef Roland Augustin. Die Justiz müsse künftig gegen Dopingsünder und ihr Umfeld vorgehen dürfen.