: Der Wald bleibt mautfrei
Naturschützer und Grüne fordern freien Waldzutritt für gemeinnützige Vereine: Im Sauerland wurde ein Waldlauf abgesagt, weil Eigentümer Geld verlangten. Dazu sind die Besitzer berechtigt
VON GESA SCHÖLGENS
Jeder darf den Wald betreten, um sich zu erholen. Weil dies seit 1970 im Landesforstgesetz garantiert ist, müssen die privaten Waldbesitzer in NRW ihren Forst für Besucher öffnen. Daran soll sich auch in Zukunft nichts ändern. „Es wird keine Waldmaut in Nordrhein-Westfalen geben“, sagte Landesumweltminister Eckhard Uhlenberg (CDU) der taz.
Allerdings können die rund 150.000 Waldbesitzer Gebühren nehmen, wenn Veranstaltungen zu wirtschaftlichen Zwecken stattfinden. Dazu zählen etwa Mountainbike-Touren, für die Eintritt kassiert wird. Erst kürzlich sorgte ein Fall für Aufregung: Im Juni waren im sauerländischen Schmallenberg ein Volkslauf und ein Mountainbike-Marathon mit über 1.000 Teilnehmern abgesagt worden. Der Veranstalter, ein örtlicher Sportclub, sollte Waldbesitzern rund 2.000 Euro Wege-Gebühren zahlen. Laut Naturschutzbund hätte der Sportverein nicht belangt werden dürfen. „Es handelt sich um einen gemeinnützigen Verein. Für solche Veranstalter sollte der Zutritt zum Wald kostenlos sein“, forderte der Landesvorsitzende Josef Tumbrinck. „Das gilt auch für Naturführungen.“
„Das Ganze wurde ziemlich hochgekocht“, sagte dagegen Ferdinand Funke, Vorstandsmitglied des Waldbauernverbands NRW. Er versteht nicht, was gegen eine Beteiligung der Waldbesitzer spricht: „Schließlich stecken sie viel Eigenkapital in die Unterhaltung der Wege.“ Von ähnlichen Fällen sei dem Verband nichts bekannt. „Früher gab es nie Probleme.“ Die Veranstaltungen seien kleiner gewesen, und man habe sich leichter mit den Vereinen einigen können. Eines aber stehe fest: „Wir wollen keine Waldmaut für den erholungssuchenden Wanderer!“
Dass es im Siegerland und anderen waldreichen Gegenden Forstbesitzer gibt, die gerne kassieren würden, davon ist Johannes Remmel, umweltpolitischer Sprecher der Grünen im Landtag, überzeugt. Zudem wolle das Land den Waldbauern bisher kostenlose Dienstleistungen in Rechnung stellen. Dazu gehört etwa die Beratung durch den Landesbetrieb Wald und Holz. „Damit wird ein jahrzehntelanger Konsens aufgekündigt“, kritisierte der Grüne. Im Gegenzug verlangten die Waldbesitzer mehr Geld von Veranstaltern, fürchtet Remmel. Tatsächlich will das Umweltministerium keine Maut einführen, aber die so genannte Entgelteverordnung überarbeiten. Der Grund sei ein Beschluss des Kartellamtes, sagte Uhlenberg. „Darin heißt es, auch wir müssen künftig Gebühren für solche Leistungen erheben. Sonst haben private Unternehmen keine Chance.“ Deswegen müsse ein neues Konzept für NRW entwickelt werden: „Wir wollen allen Seiten gerecht werden.“
Die Grünen fordern, konkrete Betretungsregeln für den Wald zu schaffen. Dies wird von Uhlenberg zurückgewiesen: „Die Grünen rennen mit ihrer Forderung offene Türen ein. Bei gemeinnützigen Vereinen wird der freie Zutritt zum Wald überhaupt kein Thema sein.“ Wichtig sei künftig die Haftung. „Zum Beispiel, wenn jemand einen Spaziergang im Wald macht, und von einem Baum erschlagen wird.“ Der Waldbauernverband fordert eine klare Regelung, insbesondere wenn touristische Attraktionen angeboten werden. „Und daran arbeiten wir“, sagte Uhlenberg.
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