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EIN BISSCHEN FLASHMOBKatze werden

Wenn jemand traf, wurde geklatscht und gejubelt

Es war Abend im Bezirksdreieck. Wo Lohmühlenbrücke, Weichselstraße und Maybachufer aufeinandertreffen, hatte sich ein Auflauf aus ungefähr dreißig meist jungen Leuten gebildet. Die einen tranken Bier und schauten den anderen zu, die versuchten, alte Fahrradreifen über den Bogen einer Straßenlampe zu treffen. Keine Ahnung, wo die vielen Fahrradreifen herkamen.

Wie beim Sportunterricht warteten die Reifenwerfer in einer Schlange, bis sie dran waren. Wenn jemand traf, wurde geklatscht und gejubelt. Wenn sich zu viele Reifen um die Bogenlampe gelegt hatten, wurde sie geschüttelt wie ein Baum, bis die Reifen weiter runterrutschten. Manchmal verfingen sich die Reifen auch in einem danebenstehenden Baum. Die Stimmung war gut. Die Menge wuchs mit der Zeit. Zwei Hare-Krishna-Anhänger kamen mit ihren Wägelchen vorbei und kicherten. Am Fuß der Bogenlampe machte ein Schild für einen Fahrradladen Reklame.

Ist das nun ein Flashmob? – So was Ähnliches. Man habe sich jedenfalls übers Internet verabredet. Jemand mutmaßte, die Kneipe „Freudenhaus“ habe mit der Sache zu tun. Ich dachte an die geheimnisumwitterte Hedonistische Internationale. Früher, also im 18. Jahrhundert zum Beispiel, hätte man von einem Studentenulk gesprochen. Eigentlich war es recht schön. Und als mir langweilig wurde, ging ich dann wieder.

Als ich gegen zwölf noch einmal mit dem Fahrrad vorbeifuhr, standen Polizisten da und verhörten drei Leute. Und später dann hatte die Band Katze ihre neue Platte „Du bist meine Freunde“ im überfüllten Club49 vorgestellt. Klaus Cornfield hatte auf dem Tresen gesessen, Minki Warhol hatte auf einem elektronischen Spielzeuginstrument gespielt, die Stimmung war super gewesen. Es ist ganz einfach, eine Katze zu sein: Es genügen vier schwarze Striche auf der Wange. DETLEF KUHLBRODT

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