Zynismus

betr.: „Wie zwischen Materazzi und Zidane“, Interview mit Herfried Münkler, „Die Gefahr aus Teheran“, taz vom 28. 7. 06

Ach wenn doch Professoren manchmal auch schweigen könnten – hier dokumentieren sie weniger Sachkenntnis als vielmehr Vor- und Fehlurteile. Teils zeigen sie Überheblichkeit („selbst ernannte Freunde Israels“ – Brumlik), teils menschenverachtenden Zynismus, wenn Münkler für militärisches Vorgehen (= Töten unschuldiger Menschen in großer Zahl!) reklamiert, es könne „die Karten neu mischen“.

Für den gesamten Nahostkonflikt gilt immer noch, was ihr israelischer Kollege Dan Diner 1981 in der „Fischer Weltgeschichte“ so formulierte: „Er ist nicht zu lösen, solange Israel nicht auf die Fortsetzung der Landnahme verzichtet und den Palästinensern nicht auch von sich aus das Recht zur Unabhängigkeit in Palästina einräumt.“

Anfang der 90er-Jahre gab es für Israel ein „window of opportunity“ mit dem Oslo-Prozess, der die erste Intifada beendete. Aber keine der folgenden israelischen Regierungen versuchte, die Landnahme auch nur zu stoppen, ganz zu schweigen vom Rückzug auf die inzwischen weitgehend anerkannten Grenzen von 67 (Scharons Rückzug aus Gaza folgte einem ganz anderen Kalkül!).

Nicht, dass es nicht unzählige Israelis und PalästinenserInnen gäbe, die schon seit Jahrzehnten unermüdlich für Versöhnung arbeiten. Tausende demonstrieren auch jetzt in Israel mit den „Frauen in Schwarz“ gegen den Krieg, weitgehend unbeachtet von Politik und Medien. Ihr Handeln, nicht militärische Aktionen, bietet die einzige Chance für einen Frieden im Nahen Osten. Wenn das von der Völkergemeinschaft und von israelischen Politikern nur ausreichend unterstützt wird, haben auch Leute wie Ahmadinedschad auf Dauer keine Chance. WOLFGANG WIEMERSMünster