GEGEN GENTECHNIK SPRECHEN VOR ALLEM ETHISCHE GRÜNDE
: DNA ist kein Betriebssystem

Es müssen nicht viele sein. Aber wenn die Feldbefreier unter den Anti-Gen-Aktivisten unterwegs sind, dann können sie sich sicher sein, dass ihnen 1. wenigstens eine Hundertschaft Polizisten entgegentritt und sie 2. ein Medienaufgebot begleitet, an das sich die Feldhamster noch in Jahren erinnern werden. Es gehört auch wegen solcher Aktionen wie am Wochenende in Brandenburg zu den unbestrittenen Verdiensten der Anti-Gen-Lobby, dass heute in Deutschland Produkte mit gentechnisch veränderten Inhalten keine Chance auf dem Markt haben. Und Bauern, die öffentlich zugeben, genverändertes Saatgut ausgebracht zu haben, müssen dank der Feldbefreier äußerst geringe Ernten einplanen. Selbst Verbraucherminister Seehofer sagt, dass Gentech auf deutschen Äckern auch künftig eher ein Randdasein fristen wird.

Das Ziel ist völlig richtig: Gentechnisch veränderte Pflanzen müssen weltweit geächtet werden. Zu unabsehbar sind die Folgen für Mensch, Tier und Umwelt. Und doch greift es zu kurz, sich immer nur mit den möglichen Folgen zu beschäftigen. Denn sind wir mal ehrlich: In eine gentechnisch veränderte Tomate zu beißen ist sicher immer noch besser als in einen gentechfreien Schokoriegel. Sicher, auch Züchtung verändert Gene. Aber Züchtung muss da aufhören, wo Artgrenzen überschritten werden. Das schaffen nur die Techniker in den Gen-Laboren. Deshalb müssen Grenzen gesetzt werden, die sich nicht über das technisch Machbare definieren.

Doch das Nein zur Gentechnik sollte nicht allein aus Sorge um eventuell unerwünschte Nebenwirkungen ausgesprochen werden. Nur über die Folgen zu sprechen blendet schnell die ethische Dimension der Gentechnik aus. Wer aber die DNA-Stränge eines Organismus nur als beliebig veränderbares Betriebssystem des Lebens betrachtet, handelt gegen die Natur und damit gegen sich selbst. Dafür muss nicht einmal die Bibel zitiert werden. Der gesunde Menschenverstand reicht völlig aus. Wer sind wir schließlich, dass wir Millionen Jahre der Evolution im Reagenzglas zunichte machen? THORSTEN DENKLER