Streit mit Schalldämpfer

Die Medien und der Krieg (1): Das norwegische „Dagbladet“ hat eine Karikatur mit dem israelischen Premierminister als KZ-Kommandanten gedruckt – und steht trotz internationaler Proteste dazu

AUS STOCKHOLM REINHARD WOLFF

Auf dem Balkon ein lächelnder israelischer Premierminister Ehud Olmert in KZ-Kommandanten-Uniform und mit einem Gewehr in der Hand. Im Hintergrund ein gerade erschossener Palästinenser. Eine beabsichtigte Anspielung auf den sadistischen Lagerkommandanten Amon Göth in Steven Spielbergs Film „Schindlers Liste“, der „aus Spaß“ auf jüdische Häftlinge schießt. Mit dieser Karikatur ihres Zeichners Finn Graff illustrierte vor einigen Tagen die nach Auflage drittgrößte norwegische Tageszeitung, das liberale Dagbladet, einen Text ihrer Nahost-Korrespondentin Yngvil Mortensen über zivile Opfer der israelischen Kriegführung.

Die Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten. Das internationale Simon-Wiesenthal-Zentrum protestierte. „Norwegische Zeitung stellt Ehud Olmert als Nazi dar“, schrieb die israelische Arutz Sheva in ihrer Online-Ausgabe. Im rechtskonservativen US-Sender Fox News wurde ein Beitrag zum Thema mit einem „Falls es noch Zweifel an einer wahren Welle von Antisemitismus in Europa geben sollte …“ anmoderiert. Die Jerusalem Post berichtete von einer Protestkampagne an die Adresse des norwegischen Justizministers, und die türkische Hürriyet meinte, Parallelen zu den Mohammed-Karikaturen der dänischen Jyllands-Posten ziehen zu müssen.

In einem BBC-Interview sah Israels Norwegen-Botschafterin Miryam Shomrat die Grenzen der Meinungsfreiheit „weit überschritten“ und bezeichnete in einem anderen Interview mit der New York Sun die Karikatur als „antisemitisch“ und fügt hinzu: Ein passender Platz für diese Karikatur wäre das Nazi-Blatt Stürmer gewesen. Olmert selbst spielte nicht beleidigte Kartoffel und schaltete – jedenfalls bislang – nicht die Staatsanwaltschaft ein. Doch gab Israels Regierung Botschafterin Schomrat den Auftrag, sich über die Karikatur bei Norwegens presseethischem Rat PFU zu beschweren.

Dort kam man allerdings schnell zu dem Ergebnis, dass es keinen Grund gibt, Dagbladet zu rügen. „Wie die Zeitung selbst legen wir einen großzügigen Maßstab an“, ließ das PFU-Sekretariat wissen und kündigte eine Ablehnung der Beschwerde an. Laut PFU-Sekretär Kjell Børringbo sei noch nie in der PFU-Geschichte eine Karikatur gerügt worden.

Finn Graff, der Olmert-Zeichner, kann grundsätzlich „keine Grenzen sehen, die eine Karikatur überschreiten könnte“. Bei Dagbladet verteidigt man die Veröffentlichung. Lässt kritische Stimmen zu Wort kommen, die dem Blatt Geschichtslosigkeit vorwerfen, aber veröffentlicht auch eine ausführliche Analyse des Nahostforschers Lars Gule. Er listet unter dem Titel „Israels Apartheid“ eine ganze Reihe „leider bestehender relevanter Parallelen“ zwischen der Judenverfolgung durch die Nazis und Israels Umgang mit den PalästinenserInnen in den Jahren von 1967 bis 2006 auf.