Ein Feldzug gegen die Homoehe

Im Herbst wird in mehreren Bundesstaaten in den USA über ein Verbot der gleichgeschlechtlichen Ehe abgestimmt. Auch die Befürworter rechnen sich Chancen aus

WASHINGTON taz ■ Wer als Politiker in den USA sicher sein wollte, dass eine politische Kampagne erfolgreich ausgehen würde, der musste in den vergangenen Jahren nur auf ein Thema setzen: das Verbot der Homoehe. Seit 1998 stand dieses Anliegen auf den Abstimmungszetteln der Parlamente von insgesamt 21 US-Bundesstaaten. Alle nahmen den konservativen Vorschlag mit großen Mehrheiten an. Dabei war es gleichgültig, ob es sich um „rote“, also mehrheitlich republikanisch dominierte, oder „blaue“, also demokratische Parlamente handelte. Entsprechend optimistisch sind die Gegner der Homoehe, die ihr Anliegen lieber „Schutz der Ehe“ nennen möchten. Denn im November wird in den Parlamenten von weiteren acht, möglicherweise sogar neun US-Bundesstaaten über die gleichgeschlechtlichen Ehe abgestimmt.

Überraschenderweise sind aber auch die Befürworter der Homehe recht optimistisch. Auch sie sprechen nicht gerne von „gleichgeschlechtlicher Ehe“, sondern lieber von „mariage equality“, also „Chancengleichheit bei Heirat“. „Die Einstellungen der Amerikaner wandeln sich, weil die Leute das mehr und mehr als eine Frage der bürgerlichen Rechte sehen“, ist sich Brad Luna von der Human Rights Campaign sicher. Luna erkennt zahlreiche Indikatoren, die ihm sagen, dass die Öffentlichkeit in Zukunft eher zur Chancengleichheit bei der Ehe tendiert als zu den konservativen Werteschützern. Aktivisten wie Luna rechnen sich für November daher aus, zum ersten Mal in einem Staat gewinnen zu können.

Tatsächlich gibt es Anzeichen eines liberaleren Umgangs mit dem Thema. Im nordöstlichen Bundesstaat Wisconsin soll die Bevölkerung laut jüngsten Umfragen zum ersten Mal zu gleichen Teilen gespalten sein. 49 Prozent befürworten das Verbot der Homoehe, 48 Prozent seien dagegen, heißt es. Ähnliche Stimmungslagen soll es in den Staaten Arizona und Colorado geben. In Kalifornien und in Florida gelang es den Anti-Homoehe-Aktivisten nicht einmal mehr, genügend Unterschriften zu sammeln, um darüber im Parlament abstimmen zu lassen.

Dennoch fühlen sich Gegner der Homoehe ermuntert durch eine Reihe von Gerichtsurteilen, die in den letzten Wochen Schlagzeilen machten. Gerichte in Nebraska und in Tennessee haben sich für ein Verbot ausgesprochen. Schockierender war für die Schwulen- und Lesbengemeinde der USA allerdings, dass das Höchste Gericht im Bundesstaat New York, Inbegriff des liberalen Amerikas, befand, dass die Verweigerung des Rechts zu heiraten das Recht auf Gleichberechtigung nicht untergrabe. Die als liberal bekannten Richter kamen in ihrem Urteil zu dem Schluss, dass die traditionelle Ehe vor allem von Vorteil für Kinder sei. „Anders als Rassismus“, sagten die New Yorker Richter in ihrem 4-zu-2-Urteil, „ist die traditionelle Definition der Ehe kein Ausdruck und Folge historischer Ungerechtigkeit.“

Das, worum es in den Novemberabstimmungen gehen wird, fällt grundsätzlich in zwei Kategorien. Bei der einen handelt es sich um den simplen Kampf um die Definition, was Ehe eigentlich sein soll. Beispielsweise schlägt die die christliche-rechtskonservative US-Organisation „Fokus auf der Familie“ folgende Formulierung zur gesetzlichen Verankerung vor: „Nur eine Union von einem Mann und einer Frau soll gültig sein und als Ehe anerkannt werden.“

Andere Initiativen sind weitreichender. Sie richten sich grundsätzlich gegen „civil unions“, also dem Äquivalent eingetragener Lebenspartnerschaften. Sie wollen Schwulen- und Lesbenpaaren grundsätzlich auch die Vorteile einer herkömmlichen Verbindung wie Steuervergünstigungen und Erbrechte verweigern.

In den Thinktanks in der Hauptstadt Washington und im Kongress konnten die zumeist christlich-fundamentalistisch motivierten Aktivisten des Neins zur Homoehe bislang noch nicht landen. Und das trotz ihrer offensichtlichen Nähe zum US-Präsidenten George Bush, der sich, aus eigener evangelikaler Überzeugung heraus, schon mehrmals für den Erhalt von Familienwerten und der traditionellen Ehe ausgesprochen hat. Im US-Senat fand jedenfalls eine Initiative, die eine entsprechende Änderung der US-Verfassung wünschte, im Juni zwar eine Mehrheit – nicht aber die für eine Verfassungsänderung erforderliche Zweidrittelmehrheit. Gleiches wiederholte sich im Juli im Abgeordnetenhaus.

ADRIENNE WOLTERSDORF