Polizei jagt Migranten in den Tod

Sechs Menschen, vermutlich Flüchtlinge aus Vietnam, sterben nach einer Verfolgungsjagd in Brandenburg. Innenminister Schönbohm spricht von tragischen Opfern einer kriminellen Bande, der Flüchtlingsrat klagt das Vorgehen der Polizei an

von Jonas Moosmüller

Bei einer Verfolgungsjagd mit der Polizei sind in der Nacht zu gestern nahe Königs Wusterhausen sechs Personen zu Tode gekommen. Vermutlich handelte es sich um Flüchtlinge aus Vietnam und ihre Schlepper. Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) bedauerte den tragischen Tod der Menschen. Schwere Kritik am Vorgehen der Polizei äußerte hingegen der Flüchtlingsrat Brandenburg.

Der mit acht Personen besetzte BMW war nach Angaben der Polizei vor einer Kontrolle geflüchtet, zu der Hinweise auf Schleuserkriminalität geführt hatten. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft Leipzig wurde gegen einen der Insassen ein Ermittlungsverfahren durchgeführt. Die Polizei nahm die Verfolgung des verdächtigen Fahrzeugs auf. Nach etwa 10 Kilometern endete die Flucht dann auf einer Kreisstraße zwischen Kablow und Dannenreich. Bei Tempo 180 geriet der Wagen in einer Linkskurve von der Fahrbahn ab und prallte gegen drei Bäume. „Dabei zerriss das Fahrzeug und ging sofort in Flammen auf“, erklärte ein Sprecher der Polizei. Drei der Insassen waren sofort tot, drei weitere starben nach Polizeiangaben am Unfallort. Zwei Menschen befinden sich derzeit noch im Krankenhaus.

Zu Herkunft und Identität der Opfer wollte sich die Polizei nicht äußern. Lediglich ein Tscheche und ein Vietnamese konnten identifiziert werden. Bei den übrigen Menschen soll es sich ebenfalls um vietnamesische Staatsbürger handeln. Zur Anzahl der Flüchtlinge und Schleuser unter den Opfern wollte die zuständige Polizeidirektion Frankfurt (Oder) ebenfalls nichts sagen.

Wie Vera Everhartz vom Flüchtlingsamt Brandenburg vermutet, handele es sich jedoch mit großer Wahrscheinlichkeit um eine Gruppe Flüchtlinge. Normalerweise würden diese nur von einem Schleuser begleitet. Eine „alberne Vorstellung“ sei es in jedem Fall, eine Dienstbesprechung von Schleusern anzunehmen.

Gegen Mittag hatte Brandenburgs Innenminister Schönbohm sein Bedauern über die Geschehnisse ausgedrückt: „Der Tod dieser Menschen durch einen Unfall ist tragisch.“ Die illegal eingeschleusten Ausländer seien das „Opfer einer menschenverachtenden kriminellen Bande, die mit der Not anderer ihre miesen Geschäfte macht“, sagte der Innenminister.

Der Flüchtlingsrat Brandenburg beschuldigt die Polizei, die Lage falsch eingeschätzt zu haben. „Hochdramatisch“, sei es, dass die Polizei bei derartigen Verfolgungen nicht vorsichtiger handle. Derartige Situationen ergäben sich immer wieder und es sei eine Katastrophe, wie die Polizei das Risiko in Kauf nehme, „Leute in den Tod zu hetzen“, sagte Everhartz. Die Polizei Frankfurt (Oder) wies die Vorwürfe entschieden zurück: „Die Polizei handelt immer unter der Maßgabe, sich und andere nicht zu gefährden, und bricht notfalls die Verfolgung ab“, erklärte eine Sprecherin. Auch diesmal gebe es keine Hinweise darauf, dass sich die Beamten nicht ordnungsgemäß verhalten hätten.